| Reise 2 Manfred und Edith Urich 1974 Mit dem Mercedesbus (L406 D) durch die Sahara bis Südafrika Die nachstehenden Reiseberichte hat meine Frau Edith geschrieben. Auszug aus dem Südkurier unserer Heimatzeitschrift Auszug aus der Mercedes Benz Transporter Zeitschrift Nr. 93 16. Jahrgang 1977 Wir waren die ersten, die mit einem Mercedes L 406 D durch die Sahara gefahren sind !!
27.9 1974 Abfahrt in Wehr - schlechtes Wetter. Die Fahrt geht über Bern, Avenches = Hauptstadt der Schweiz in römischer Zeit -, weiter nach Lausann und Genf. Hier strahlend blauer Himmel. Aus der Ferne grüssen die schneebedeckten Alpen. 135 Peseten haben wir für die spanische Autobahn bezahlt, ca. DM 7,--. Für uns viel zu teuer, bei einem gesetzten Tageslimit von DM 5,-- pro Person. Wir übernachten bei Tauagona am Strand. Zu essen gibt es die letzten Reserven von Marlene aus Wehr. Morgen müssen wir einkaufen gehen. Die Strassen sind sehr gut, die Autofahrer fahren im allgemeinen sehr diszipliniert. Links von uns das Meer, rechts säumen Oliven und Orangenhaine die Strasse. Wir durchfahren malerische Städtchen, ansonsten ist alles auf Tourismus eingestellt. Spanien ist fest in deutscher Hand. Die nächste Stadt ist Murcia. Zu unserem Erstaunen säumen hier die Strasse Reis- und Baumwollfelder, natürlich unterbrochen von Orangen- und Olivenhainen Dattelpalmen, Granatäpfelsträucher und Feigenbäumen. 4.10.1974 Uns begeistert Landschaft, obwohl wir durchs Landesinnere fahren und das Meer ein paar 100 km links von uns liegt. Durch die immer hügelige Landschaft können wir es nicht sehen. Ohne übergang wechselt plötzlich das fruchtbare Gelände in ein trostlose Mondlandschaft. In dieser unfruchtbaren Lehmhügellandschaft leben noch Menschen in Höhlen, wir können es kaum glauben, wenn wir es nicht sehen würden. Es gibt absulut keine Vegetation. Bis Almeria ändert sich die Landschaft nicht. Wir halten wieder am Meer und machen Siesta, von 12:00 Uhr bis 3 Uhr, nehmen ein kühles Bad und am Nachmittag geht die Fahrt weiter. Die Costa del Sol ist eine der reizvollsten Landschaft die wir bis jetzt durchfahren haben jedoch für den Autofahrer mit viel Mühe yerbunden, zumal bei einem 4,5 t schweren Wagen, wie dem Max (so haben wir unser Auto getauft). Hoch über dem Meer führt der Weg in vielen Serpentinen von einem Fischer- oder Badeort zum anderen. Diese Gegend wurde früher sehr oft von Piraten überfallen, wovon noch zahlreiche maurische Türme auf den Felsklippen zeugen. Die Spanier lernten wir als ein äußerst freundliches und hilfbereits Volk kennen. Motril ist für heute unsere Endstation. Ein herrliches Plätzchen, wieder neben eihem Felsen direkt am Meer, ist heute unser Nachtquartier. In der Abenddämmerung sehen wir den Fischern zu, die das Menü fur den nächsten Tag fangen. Über uns wacht das Auge der Strandpolizei, der "Guardia zivile", wie übrigens an der ganzen Küste Spaniens. Nirgendwo fühlen wir uns sicherer, als am Strand. 6.10.1974 . Wir stehen am Ende der Strandpromenade. Nur noch ein großes Hotel liegt hinter uns und die Hotelinsassen begutachten uns nach allen Regeln der Kunst. Zuerst wollten wir uns auf dem Campingplatz von Torremolinos, aber 96 Peseten waren uns doch zu teuer. Manfred war zwar sehr traurig, er glaubte dort etwas Gesellschaft zu finden, wurde aber an der Promenade entschädigt. Manche Leute gafften nur neugierig und bestaunten uns wie Zirkuspferde. Viele jedoch zeigten ehrliches Interesse und wir hatten angenehme und interessante Gesprächspartner. Ein älterer Herr war Journalist und hatte bereits die halbe Welt bereist, jedoch mit dem Flugzeug. Am 2. Abend wurden wir von einem deutschen und 2 schottischen Ehepaaren ins Hotel zum Kabarett eingeladen. Es war eine sehr lustiiige Runde und sehr amüsant für uns.Wir hatten viel Spaß zusammen. 39 Leute schlafen in einem 3-stöckigen. Anhänger in kleinen Kojen. Der vordere Wagen ist ein normaler Reisebus. Das "fahrende Hotel" bereist Asien, Europa und Afrika. Nachdem Manfred in einer Werkstatt die defekte Stoßdämpferaufhängung wieder in Ordnung bringen konnte, machen wir nochmals shopping denn so billig wie hier wird es nirgends mehr und gönnen uns einen weiteren ruhigen Tag. Spanien ist alles in allem ca. 10 - 20 % teurer im Lebensunterhalt, als Deutschland, ausgenommen Fisch und Fleisch. In Ceuta begegnen wir den ersten muselmanischen Frauen in kapuzen ähnlichen Gewändern, vor Mund und Nase einen Schutz, so daß nur noch die Augen zu sehen sind. Die Männer sind meist europäisch gekleidet. 2500 m hoch und gibt den Blick über einen großen Teil der vielen Gebirgszüge Marokkos frei. Es ist sehr eindrucksvoll. Manfred leistet wieder Schwerstarbeit. Er fühlt sich den ganzen Tag nicht recht wohl. Als wir abends in Al Hoceima direkt am Meer in einer hübschen kleinen einsamen Bucht ein Plätzchen wie für uns geschaffen, finden, ist er bereits vom Bazillus Rozzus besessen und fühlt sich sauelend. 11.10.1974 Mitten in einem Weinfeld halten wir. Manfred macht Ölwechsel und füllt den Tank auf. Gleichzeitig säubert er den Ölfilter. Wir durchfahren eine sehr fruchtbare Ebene. Neben Wein werden hier hauptsächlich Gerste und Pfefferschoten angebaut. Rechts von uns schimmert in der Sonne ein Salzsee. Im Gegensatz zu den heißen Tagen sind die Nächte angenehm kühl. Am nächsten Tag frühmorgens um 6.Uhr geht es bereits wieder weiter. Wir wollen so gut wie keinen Aufenthalt in Algier haben, da uns die Stadt von verschiedenen Seiten als äußerst gefährlich geschildert wurde. Verschiedene Gangs treiben ihr Unwesen und klauen, was es zu klauen gibt. Nicht einen Moment soll man den Wagen aus den Augen lassen. Einen Campingplatz gibt es nicht. Um 9.30 Uhr erreichen wir die Stadt fahren sofort zur Post und sind sehr, enttäuscht. Keine Post. Ich will in Berlin bei Mutti anrufen, aber auch hier keine Verbindung. Die Bank hat sowieso zu, erst am Montag bekommen wir die Benzingutscheine. Offiziel kostet ein Liter Diesel DM 0,50, mit Gutschein nur DM 0,35. Das lohnt sich natürlich. Wir sind gezwungen, bis Montag zu warten. Im Polyglott fanden wir, daß westlich von Algier mehrere Badestrände existieren. Hier wollen wir hin, kaufen unterwegs noch Melonen ein und fahren in ein Bungalowdorf, das aber wie ausgestorben ist. Die Saison ist bereits vorbei, nur ein paar arabische Gärtner bekommen wir zu Gesicht. Manfred will einem von Ihnen Zigaretten anbieten, er bedeutet ihm jedoch, daß er erst nach 6 Uhr abends wieder rauchen und essen darf. Streng werden die mohamedanischen Regeln eingehalten. Es ist ader Ramadan-Monat 14.1O.74 Nach 2-tägiger Ruhepause am Meer fahren wir am Montagfrüh wieder in die Stadt und sind abermals enttäuscht. Wieder keine Post von Mutti. Auch eine Telefonverbindung kommt wieder nicht zustande. Eine 2. Enttäuschung erwartet uns. Es gibt seit 5 Monat keine Benzingutscheine mehr. So holen wir unser Serum für Schlangen und Skorpione am Pasteur-Institut und fahren ab in Richtung Sahara Wüste. Trotzdem wir nun die zwei Tage umsonst am Meer gewartet haben, sind wir nicht böse. Manfred braucht bei diesem schweren Fahrzeug öfters eine Ruhepause. Wegen des scheußlichen und unfreundlichen Wetters haben wir unsere Ledersachen herausgekramt. Es ist grotesk, wir nähern uns der Wüste und frieren. Später, als wir durch die Steppen des Hochlandes der Schotts fahren (grosse Salzlager), empfinden wir das bewölkte und etwas kühle Wetter als angenehm. Sonne werden wir noch zur Genüge genießen können. Wenn wir einkaufen gehen besorgen wir uns Eier, Milch, Butter, Brot, Obst und Gemüse. Alles andere wird von den mitgenommenen Vorräten bestritten. Nachdem wir Algier verlassen haben, durchfahren wit die sehr fruchtbare Mitidja-Ebene mit Orangen- und Olivenhainen, Lorbeer, Oleander und vor allem Weinreben. Ganz Nordalgerien ist mit einem gutem Bewässerungsnetz versehen.Danach durchfahren wir ganz unvermittelt die enge Chiffa-Schlucht und die Strasse steigt bis 1000 m Höhe an. Abermals viele Serpentinen. Hier vorwiegend Kiefern- und Laubwald. Einmalig schön die Fahrt. Gleich darauf bereits saharaähnliches Gebiet. Es regnet noch immer. Trostlose Steppe umgibt uns, leichte ansteigende Berge, ganz ohne Vegetation. An diesem Tag fahren wir bisDjelfa, 1271 m hoch. Heute bin ich an der Reihe mit einer Erkältung. 16.10.1974 Als Manfred am nächsten Morgen tankt, ist er begeistert. Nicht mal ganz 13 Liter "frisst" unser Max. Trotz der guten Strasse ist das eine ausserordentlich gute Leistung. Ohne Vollgas kommen wir sogar auf 90 km/h. In ganz Algerien sind Einheitspreise für Benzin und Diesel, wir sind angenehm überrascht. Zuerst suchen wir das Hotel mit Swimmingpool, von dem wir bereits wussten. Zum Baden ist es zwar zu kalt, der Oktober macht sich auch hier bemerkbar, aber im Hotelgarten können wir wunderbar stehen. Den Vormittag schlendern wir durch die Oase und treffen dabei ein ungarisches Ärztehepaar, das seit 15 Jahren in der Nähe von Algier beheimatet ist. Sie sprechen sehr gut deutsch. Sie machen gerade eine Wüstenrundfahrt und wollen noch heute nach Timimoun, der "roten Stadt". Sie versuchen, uns ebenfalls für diesen Ausflug zu begeistern was ihnen auch gelingt, aber zuletzt schreckt doch die Anfahrt von 400 km zurück. Eine Rundfahrt ist für uns nicht möglich, da die Strecke später in Piste übergeht und den gleichen Weg (Hin- und Zurück) möchten wir nicht fahren. So verzichten wir auf den Ausflug. Mit diesen Leuten kaufen wir noch ein Souvenir einen Silberreif von einem Berberstamm 150 DA sollte er am Anfang kosten, für 90 DA bekamen wir ihn dann. Ein Pfund Honig kostet 9,60 DA = DM 7,--. 1 Citreun-GS und ein Jeep. Alle haben das gleiche Vorhaben. Als wir in In Salah eintrafen und so ganz allein und verlassen in dieser trostlosen Oasenstadt standen, bekam ich meinen "moralischen", wie Manfred so schön sagte. Am liebsten wäre ich zurückgefahren und hätte Urlaub am Mittelmeer gemacht oder ähnliches, aber nun sah die Welt schon wieder ganz anders aus. 19.10.1974 21.10.1974
Edi und Marielle haben ein Transister Radio für ihn, abzugeben. Wir fragten viele Tuaregs und. alle schienen ihn zu kennen, nur jeder zeigt in eine andere Richtung. Bei einem war Mohamed Adrian bereits gestorben, wir kamen an ein Grabmal. Ein kleiner Junge wurde ins Auto geladen und der führte uns tatsächlich zum richten Mohamed in eine Blechschmiede, wo der hübsche Tuareg-Schmuck hergestellt wird. 10 Leute kauerten am Boden vor dem Gluthaufen und "schmiedeten",d Für uns ein sehr interessantes Bild. Wir staunten nicht schlecht, was aus alten Blechbüchsen fabriziert wurde. Im nu umringte uns eine große Kinderschar. Später nahm uns Mohamed mit nach Hause. Mohamed, vielleicht 18 Jahre alt, wohnte mit der ganzen Familie, Eltern und 5 Kindern in leinem üblichen Dorfhäusern aus Lehm erbaut, welches aus einem einzigen Raum bestand. Der Fußboden des Hauses ist purer Sand. Zum Schlafen werden nachts Decken darüber ausgebreitet. Die Wände so kahl, wie sie erbaut wurden. Nur die Türöffnung läßt Licht ins Hausinnere. Kein einziges Mobiliar, nur die traditionelle Teekanne mit Gläsern am Boden. In einer Ecke kauerte eine Gestalt, vielleicht Großvater und -.mutter, man kann dies bei dem Licht sehr schwer unterscheiden. Nachdem wir die ganze Familie begrüßt war, wir umgekehrt reichlich bestaunt wurden, verabschiedeten wir uns mit einer Einladung bei Ihnen für den kommenden Abend. Danach suchten wir den Campingplatz von TAM auf und waren entrüstet über den Preis. Pro Kopf 10 DA, das war Wucher. Wir wollten nach Tahabort zu Jo-Jo, der eine Mineralquelle besitzen sollte. 14 km von TAM entfernt, das müsste heute noch zu schaffen sein. Aber wleder Wellblech, aber Manfred hatte für diesem Tag genug. Er fuhr nicht mehr so vorsichtig, sondern gab Gas, daß unser Max nur so über Piste rauschte. Keine Quelle in Sicht. Wir durchquerten einen Wadi, fahren über einen Berghügel und als Manfred den Wagen herunterbrausen Iäßt, hatten wir den 1. Platten. Auch das noch und gleich muß es dunkel werden. In Rekordzeit einer viertel Stunde war der Schaden behoben. Wir folgten nun einem Wegweiser, der in ca. 500 m etwas anzeigte. Es war jedoch nicht Tahabort. Eine hohe sehr enge Schlucht nahm uns auf. Eigentlich ein großer Wasserfall, aber das Wasser fehlte, die Regenzeit war vorbei. Sehr gigantisch. Wir kehrten zurück zu unseren Schweizer Freunden, die bereits auf einer oberhalb eines Stausees auf einem Plateau auf uns warteten. Es scheint so, daß es hier in der Regenzeit viel Wasser gibt, jetzt waren überall nur noch Reste vorhanden bzw. alles ausgetrocknet. Wir fanden diesen Platz ideal und da wir noch genügend Wasservorrat hatten, beschlossen wir, den folgenden Tag, inmitten des schönen Bergmassivs zu bleiben. Es war herrlich, wir konnten unsere Wäsche im See waschen, die Autos wurden überholt, die herrliche Umgebung des Hoggar dazu, wir waren alle überglücklich und zufrieden. Abends wurde eine Flasche Wein als Krönung des Tages geköpft.
23.10.74 Am nächsten Tag mußte unbedingt die Mineralquell gesucht werden, da unsere Wasservorräte zur Neige gingen. Auch Brot fehlte! Am Abend zuvor konnten wir immer wieder Scheinwerfer beobachten, die einer bestimmten Richtung folgten. Dort mußte es nach Tahabort gehen. Uns wurde klar, wir hatten die Abzweigung verfehlt. Nochmals fragten wir nach demWeg und nach einer halben Stunde waren wir dort. Jo-Jo, der Seemann nahm uns in Empfang. Viele Camper standen hier, einige kannten wir bereits. Eigentlich wollten wir nur unseren Wasservorrat ergänzen um dann weiter nach TAM fahren, aber Jo-Jo bat uns zu bleiben, lud uns zu einem Drink ein und anschließend aßen wir auch zu Mittag. Später führte uns Jo Jo auch durch sein Haus und Manfred ersteht noch einen Benzinkanister (20 DA). In TAM kostet er das doppelte. Abends sind wir seine Gäste bei Hasch und Whisky. Beziehungen sind alles, es gibt nichts, was Jo Jo nicht auftreiben kann. 17 Jahre ist er vorher zur See gefahren und kann natürlich viele Stories erzählen. Der Nachmittag verläuft sehr ruhig und erholsam, Manfred und Edi fahren nach TAM um einzukaufen. Bei dieser Gelegenheit konnte Manfred auch das VW-Teil verkaufen, daß wir noch aus Indien besaßen. 400 km vor TAM stand ein Wagen in der Wüste und seit Tagern wurde vergeblich versuchte , das Teil aufzutreiben. Alle waren hinterher zufrieden.
24.10.74 Auch den nächsten Tag bleiben wir noch dort Edi hatte noch am Wagen zu tun, danach gammeln wir den ganzen Tag. Es ist sehr schön, nur sitzen und plaudern; so etwas hat es seit langem nicht mehr gegeben. An diesem Abend organisierte Jo-Jo eine Volkstanzgruppe der Tuaregs. Sie spielten, tanzten und sangen ihre Volksweisen und wir hatten reichlich Gelegenheit, uns mit ihnen zu unterhalten. Touristen und Tuaregs, bunt gemischt, saßen auf ausgebreiteten Teppichen auf dem Boden des Gartens. Es war ein herrliches Bild. - Als bereits alles in tiefstem Schlaf lag, wurden wir ganz unliebsam geweckt. Paßkontrolle durch die Polizei. Zwar helle Empörung auf allen Seiten, aber wenn der Polizeichef einen über den Durst getrunken hat, mußte man mit allem rechnen. Gesetz ist Gesetz, auch wenn die Obrigkeit blau ist.
25.10.1974 Wir ergänzten unseren Proviant bei Jo Jo und fuhren endgültig ab. In TAM wieder angelangt, kippten wir zuerst ein kühles Blondes hinter die Kehle und dann noch eins und noch eins. Es war zu schön. Die Zollformalitäten wurden erledigt, die Grenzpolizei aufgesucht und der Ausreise aus Algerien stand nichts mehr im Wege. Nur noch Brot mußte für die kommenden Tage besorgen und die Beschaffung hierfür war ein Erlebnis für sich. Noch hatte der einzige Bäcker geschlossen. Viele Einheimische saßen auf der Strasse, eine große Menschentraube stand vor dem Bäckladen. Nach einer Stunde ungefähr öffnete sich endlich ein schmaler Spalt der Tür und alles drängte heran. Ein Verkäufer postierte sich vor dem Eingang als Barriere und viele schwarze Arme mit passendem Geld streckten sich ihm entgegen. Ich stand mitten in der Traube und Geld und Brote wurden über mich hinweggereicht. Dann drängte auch ich mit und bekam endlich meine 5 Brote. Einkaufsitten sind das hier, man muß sich eben umgewöhnen. Um 3 Uhr, kurz bevor wir abfuhren, ging Manfred nochmals zur Post und welche Freude, diesmal war ein Telegramm für uns vorhanden. Mutti hatte es gesandt und wir waren überglücklich. Nachdem alles vollgetankt war, den Diesel bekamen wir nur noch an einer Reservetankstelle, alle anderen waren leer, brachen wir auf. Die letzten DA wurden nochmals in Bier umgetauscht, was mir überhaupt nicht bekamd, den ganzen weiteren Tag hatte ich Magenschmerzen. Heute wollten wir noch Amsel erreichen. Dort sollte es einen Staudamm geben. Wir verfehlten jedoch die Abzweigung und fuhren weiter auf der Piste. Als wir endlich einen Schlafplatz gefunden hatten hatte uns die Wüste wieder. Noch 400 km bis zur Grenze In Guezzam.
26.1O,1974 Waren wir gestern noch im Hoggar-Gebirge so durchfuhren wir heute nur noch die Ausläufer und später reine Wüste mit viel Sand. Gelber Sahara-Sand ließ uns oft den Atem stocken, doch unser Max enttäuschte uns nicht. Er lief ausgezeichnet, vielleicht war es sogar der Umstand, daß er so schwer. Unseren Edi mußten wir des öfteren ausbuddeln. Gegen Mittag trafen wir auf einen VW-Bus und einen Motorradfahrer, 2 Schweizer und einen Franzosen. Sie kampierten hier bereits seit Gesternabend und warteten auf einen weiteren VW-Bus und unseren Münchener Motorradfahrer, die sich wahrscheinlich verfahren hatte. Bei der Umfahrung der Hauptpiste verfehlten sie diese und kamen auf eine Piste "inderdite”, eine verbotene. Diese führt jedoch nach Osten, mitten hinein in die trostlose Wüste und uns ist die Erzählung noch in Erinnerung, daß vor zwei Jahren sieben Italiener hier umgekommen sind. Es gibt so gut wie kein Wassen hier. Nur wer sich sehr gut auskennt, überlebt hier. Wir waren sehr bestürzt und hofften nur, daß sie ihren Irrtum bemerken würden. Nach reichlichem überlegen und der Tatsache, daß wir für sie nichts tun konnten, beschlossen wir allesamt die Weiterfahrt. An einen Stein hinterließen wir vorsichtshalber eine Mitteilung. Allen uns begegnenden Wagen wurde Bescheid gesagt. Es waren 3 an diesem Tag. Nun bestand unsere Karawane aus 3 Autos und einem Motorrad. Christian, Louis, Edi und Mariella,Jouan aus Paris und wir. Abends bauten wir uns eine Wagenburg mittendrin schlief Jouan in einem Zelt.
27.10.1974 Der heutige Tag sollte uns zur Grenze bringen. Gestern hatten wir unserem Max wahrscheinlich zu viel gelobt, denn er war der erste, der im Sand fest saß. Noch 2 x mußten wir schaufeln. Aber blieben genau so im tiefen Sand stecken und mußten oftmals freigeschaufelt werden. Ein harter Tag für alle. Dazu ein heißer Tag wie nie zuvor. Der Wind, der sonst ein wenig Kühlung brachte, fiel aus. Hatten wir normalerweise 35 Grad im Wagen, waren es heute 45 Grad, im Führerhaus waren es sogar 55 Grad Celsius. Nach jeder Buddelei waren wir alle geschafft. Wir mußten oft an die Fremdenlegionäre denken, die nicht einmal ein Schattenspendendes Auto hatten. Den ganzen Tag liefen wir feuchten Tüchern auf Kopf und Armen herum. Ein Anblick des Leidens. Ganze 130 km wurden heute zurückgelegt. Nichts als gelber Sand ganz selten unterbrochen durch ein Felsenpbild. Hier ließ die Wüste kein Leben mehr existieren. Keinem Menschen begegneten wir. Nur ab und zu ein verendetes Kamel an der Straßenseite. Die Autowracks am Pistenrand erinnern daran, daß die Piste doch ganz schön befahren ist. Sogar VW-Käfer sind dabei. Wir kommen aus dem Stauen nicht heraus, mit welchen kleinen Autos sich die Leute in die Wüste wagen. Gegen Abend durchfahren wir ein paar Hügelketten. Die Strasse wird etwas besser. Es boten sich wieder einige Ausweichmöglichkeiten. Die Grenze kann nicht mehr weit sein. In der Ferne erspähen wir eine große Kamelkarawane. Übrigens die einzige auf unserer bisherigen Reise. An diesem Tag war Manfred etwas resigniert, da ihm der Max so viel zu schaffen machte und prophezeite eine "schwarze Zukunft" voraus. Er bezweifelte, daß Max die Wüste schaffen würde. Nachts quälten ihn schwere Träume.
28.10.1974 Nachdem der Wind außgeblieben ist, müssen wir viel mehr trinken, durch die viele Schaufelei bekommt man viel mehr Durst. Ich stellte fest, daß mir heißer Tee am besten bekommt. Manfred blieb bei seinen kalten Getränken. Einstimmig stellten wir fest, daß eine Durchquerung der Wüste ausreiche, ein zweites Mal würden wir diese Strecke bestimmt nicht mehr fahren. Noch 60 km bis „In Guezzam“. Dieses Stück verlief sehr gut. In-Guezzam ist ein Dorf aus Lehmhäusern und Nomadenzelten b4gegewad. Die Leute sind hier sehr arm. Fast keiner ohne Hautausschlag. Die Kinder alle nackt. Auch hier wird der übliche Haarschnitt der Tuaregkinder getragen. Glatze, bis auf einen Streifen von der Stirn bis in den Nacken, gleich einem Hahnenkamm. Viele schmutzige Hände strecken sich uns entgegen und wir schütteln sie, immer mit einem freundlichen "sa wa“ oder "bon jour". Das halbe Dorf umringte uns. Später verteilen wir Kopfschmerztabletten und Manfred durfte dafür fotografieren. Wir freuten uns sehr. Ein Nomadenzelt von nahem hatten wir noch nicht aufnehmen können. Die Abfertigung an der Grenze war sehr zügig. Die Formmalitäten waren bereits in TAM erledigt worden. 8:45 Uhr europäische Zeit. Wir verlassen Algerien. Das 30 km lange Niemandsland zwischen den Grenzen nimmt uns auf. Bereits viel schlechtes hatten wir von diesem kurzen Stück gehört und tatsächlich, alle Voraussagungen trafen ein. Alle paar Meter sandeten wir immer wieder nacheinander ein und kamen aus dem schaufeln nicht heraus. Gegen 11,30 Uhr erreichten wir endlich eine Erhöhung und alle waren so geschafft, daß wir hier ausruhen mußten. Wir waren mitten bei der Siesta, ein Hupen von weitem und die "Verschollenen" standen neben uns. Uns fiel ein Stein vom Herzen. Wir erfahren, daß sie ca. 100 im die verbotene Piste gefahren sind, dann glücklicherweise auf ein russisches Camp stießen, und von den Leuten auf den Irrtum aufmerksam gemacht wurden. Zum Glück hatten sie genug Benzin dabei, sodaß sie ohne Umzukehren, quer durch die Wüste, der richtigen Piste wieder zusteuern konnten Es war natürlich ein erhebliches Wagnis, ohne Kompass quer durchs Gelände zu fahren, Gottseidank ging alles gut. Das ganze Erlebnis kostete sie 2 Tage Verspätung und 200 km Umweg. Gemeinsam fuhren wir zum Zoll von NIGER. Auch hier waren die Formalitäten sehr einfach und vor allem, keine Durchsuchung des Wagen. Das Beste an der Grenze war ein arthesischer Brunnen. Sprudelndes lauwarmes Wasser. Wir nutzten die Gelegenheit zum Waschen und schließlich duschten wir uns selbst. Es ist nicht zu beschreiben, wie herrlich es sein kann mit Wasser plantschen zu können. An diesem Tag war nach ca. 10 Minuten Fahrzeit von der Grenze unsere Endstation. Abends kühlte es sich angenehm ab und aßen immer im Freien. Es ist die angenehmste Zeit des Tages. Schweizer Nachrichten werden gehört und das Wette von Deutschland. BRRR müssen die alle frieren.
29.10.1974 Heute wollen wir Arlit/Niger. Es sind 200 km und gut zu schaffen. Nach Aussagen sind nur die ersten 80 km versandet, ansonsten alles gut befahrbar. Den Sand bekommen wir schnell zu spühren. 3 x sitzen wir drin. Diese Strecke fahren wir zusammen mit den "Verschollenen". So sind jetzt 4 Wagen und 2 Motorradfährer. Mehr Leute zum Schieben, aber dafür auch immer 4 Wagen auszubuddeln. Sehr nützlich erweist sich Jouan mit seinem Motorrad. Bevor wir fahren, kundschaftet er die Gegend aus und dirigiert uns um die Sanddünen herum. So bleibt uns manche Buddelei erspart. Die Sahara hier im NIGER zeigt sich als glatte Sandwüste, jedoch verhältnismäßig gut befahrbar. Keine Piste mehr, man folgt einfach irgendwelchen Spuren und dem Kompas. Zeitweise nichts als kahle Erde von Horizont zu Horizont. Wir kommen uns winzig klein in dieser Einsamkeit vor. Alle 2 km als einzige Unterbrechung eine Tonne, die den Durchreisenden als Wegweiser dient. Jeder versucht seine eigenen Weg zu finden, nur die Richtung muß beibehalten werden. Schnell ist die Richtung verloren und kann schnell zu einem gefährlichen Abenteuer werden. Des öfteren greifen wir zum Fernglas, um die nächste Tonne zu suchen. Infolge grosser Sandflächen Umwege in Kauf. Es ist 1/2 12 Uhr und es sind 130 km geschafft. Ein äußert guter Schnitt. Bier ist in Sicht, nur noch 70 km, Manfred gerät fast in Verzückung. Nach einer kurzen Fotopause fahren wir voran. Unser Kühlwasser ist auf 100° gestiegen und wollen „langsam" weiterfahren. Rudolf mit dem Motorrad schließt sich uns an. Hinter einer Erhebung, wir können die anderen nicht mehr sehen, halten wir, um zu warten. Auch hier halten wir am alten Grundsatz fest, nie weiter, als auf Sichtweite entfernen. Ist dies manchmal unumgänglich warten, bis die anderen kommen. Bei schwierigem Gelände sondiert in Motorradfahrer das Terrain, nach und nach fahren die die Wagen dann durch. Hat der erste Wagen gut passiert, werden zum Zeichen für die nachfolgenden beide Wagentüren geöffnet. Ist dies nicht der Fall, muß eine neue Passage gesucht werden, die einfacher ist.
Noch sitzen wir hinter dem Hügel und warten auf die anderen. Da es noch 3 Wagen und 1 Motorradfahrer sind, sehen wir keine Veranlassung umzukehren. Nach einer halben Stunde schicken wir Rudolf auf den Hügel zurück, um Ausschau zu halten. Mit dem Fernglas kann er erkennen, daß Edi wahrscheinlich eine Reifenpanne hat. Nicht so schlimm, wir warten weiter. Um uns die Zeit zu vertreiben, fotografieren wir. Wir haben viel Spaß daran, uns auf einem Stuhl mit Regenschirm zu postieren. Nachdem fast 2 Stunden vergangen sind, die anderen aber immer noch nicht zu sehen sind, entschließen wir uns zur Rückkehr. Ein Reifenwechsel kann es nun nicht mehr sein. Und tatsächlich, Edis Benzinpumpe ist verstopft. Alles was Ahnung hatte, fummelte am Wagen herum oder lag darunter. Der halbe Motor war bereits ausgebaut ziemlich schwierig bei einem Hanomag. Nun mischte Manfred auch noch tüchtig mit. Arlit, ach wie weit können doch 70 km sein. Abends um 18:30 Uhr war der Wagen endlich wieder fahrbereit, doch wir Übernachteten an Ort und Stelle. Ein wunderschöner Sonnenuntergang entschädigte uns für die Warterei.
30.10.1974 Die kommende Strecke war sehr gut, kein Einsanden mehr und bereits mittags erreichten wir die Oase. Arlit hat ein großes Uranbergwerk und durch die Industrieanlage mitten in der Wüste ist Arlit ziemlich teuer. Wir entschließen uns, zu keinem Aufenthalt. Nachdem wir etwa 1 1/2 Stunden auf die Zollstempel warten mußten, vermuten wir einen Komplott mit den Händlern, die uns alles mögliche verkaufen wollten und auch verkauften. Von einfachen normalen Steinen bis zur 5 m langen Schlangenhaut war alles vertreten. Für 100 DM kaufte Manfred eine Schlangenhaut, gab sie aber Edi. Ich war sehr traurig, da ich mir schon diese schon seit langem wünschte. Auch Benzin ist sehr teuer,über 1 DM per Liter. Wir haben zum Glück noch genug im Tank. Trotzdem Arlit eine kleine Oase ist, bekommt man hier alles zu kaufen, was man sich nur wünschen kann. Natürlich zu entsprechenden Preisen. Alles mit dem Flugzeug herangeschafft.
AGADEZ, in 2 Tagen hoffen wir dort zu sein. Die Strasse ist gut passierbar und vereinzelte Sandstücke wurden gut überwunden. Am schönsten war für uns die veränderte Landschaft. Hatten wir bis Arlit ausschließlich Sandwüste, ohne jede Vegetation, so begann hier die Sahelzone mit grünen Bäumen und viel vertrocknetem Gras. Zwei grüne Farben, die eine Erholung für die Augen waren. Leicht hügelige Landschaft, z. T. uranhaltige Berge. Nach der toten einsamen Wüste für uns die schönste Landschaft auf Erden.
31.10.74 An diesem Abend schliefen wir ausgezeichnet nach all den neuen Eindrücken. Der nächste Morgen war mit Aufregung verbunden, denn unter Louis Wagen hatte ein Skorpion genächtigt. Seine Farbe war gelb/grau und unterschied sich kaum von der Bodenfarbe. Wir brachten ihm den nötigen Respekt entgegen. Wie eine Diva wurde er von allen Seiten fotografiert. Die Landschaft wurde zusehends interessanter, vor allem grüner und lebendiger. Esel- und Kamelherden vereinzelt winken uns Menschen von weitem zu. Sind sie in der Nähe, verteilen wir Wasser und Brot. Als erster blieb diesmal Louis mit seinem Wagen stecken. Er "hing" buchstäblich in einem Sandloch, aber wir bekamen ihn schnell wieder frei. Nach ein paar Kilometern standen wir mit hoffnungslosen Blicken vor einem ca. 70 m breiten sandigen ausgetrockneten Flußbett. Wie sollten wir dort nur durchkommen. Edi versuchte es als erster und saß auch gleich darauf mit der Schnauze im tiefsten Dreck. Durch die sehr stark abfallende Uferböschung hatten sich die Vorderräder so tief eingebuddelt, daß es große Mühe machte, ihn wieder freizubekommen. Mindestens 5 x hatten wir ihn auf den Sandblechen, doch gleich darauf steckte er wieder fest. Es zwar zum Verzweifeln und dann noch diese Hitze dazu. Nach einer Stunde hatte er es endlich geschafft. Alles hechelte nach Wasser. Es war sehr deprimierend zu wissen, daß noch 2 Wagen am anderen Ufer standen. Auch Einheimische halfen tüchtig mit und schaufelten immer wieder unsere Räder frei. Manfred wählte einen anderen Weg, den sich bereits große Trucks gebahnt hatten, aber die Bodenfreiheit reichte für unseren Max nicht aus, wir saßen voll auf. Als wir wieder frei waren, suchte Manfred ganz verzweifelt nach einem Ausweg und glaubte ihn in der nächsten Ausfahrt aus den Sandmassen gefunden zu haben. Da die Uferböschung hier fast noch steiler war, mußten wir sie "entschärfen“ und legten dann auf dem etwas eingeebneten steilen Abhang kleine Baumstämme und Äste, um den Boden zu festigen. Als Manfred die steile Böschung herunterfuhr sah es ziemlich kriminell aus, aber er schaffte es, ohne stecken zu bleiben. Louis Wagen passierte am besten da alle jetzt die Technik bereits kannten und Edi und ein Nigerier gaben dem Wagen durch heftiges Schaukeln auf der hinteren Stoßstange den nötigen Schwung. Alles atmete erleichtert auf. Das war wieder einmal Schwerstarbeit. Edi hatte immer wieder Schwierigkeiten mit seine Benzinpumne, obwohl er sie nun ausgetauscht hatte. Gerade hatten wir für unsere Mittagspause ein schattiges Plätzchen gefunden, als wir Motorengeräusch vernahmen und kurz darauf 3 Wagen voll beladen mit Australiern hielten. Wir kannten sie bereits von Tamanrasset her. Es gab ein großes Hallo und natürlich viel zu erzählen. Sie hatten alle umgebaute Militärfahrzeuge und kannten fast kein schaufeln. Wir beneideten sie. Sie fanden die Strasse sehr gut, wir dagegen miserabel. Ja, verschiedene Fahrzeuge, verschiedene Meinungen. Selbst muß man die Erfahrung machen. Auch auf den Fahrer kommt es an. Edi benutzte die Mittagspause wie immer, um an seiner Benzinpumpe basteln. Nach allgemeiner Stärkung fahren wir gemeinsam weiter. Noch 100 km bis Agadez. Dort winkt ein Campinplatz mit Swimmingpool und Bier. Ziemlich sandige Strasse. Über jeden zurückgelegten Kilometer freuen wir uns. Edi steckt schon wieder. Abermals hat er Schwierigkeiten mit seiner Benzinpumpe. Durch das viele Probieren sind bereits einige Liter Benzin ins Wageninnere geflossen, die bei der großen Hitze natürlich sofort verdampft sind. Nur noch die Gase befinden sich im Wageninneren. Manfred hat sich gerade auf den Weg gemacht, um ihm vielleicht zu helfen, da fängt Eddi auch schon an zu schreien, hantiert wild mit den Händen in der Luft und schaufelt mit den Händen Sand in Edis Wagen. Innen ist der Wagen ein einziges Flammenmeer. Durch mehrmaliges Starten hat die elektrische Benzinpumpe mit dem offenen Schlauchende soviel Benzin in den Wagen gepumt, daß es zu dieser Katastrophe gekommen ist. Natürlich verstehen die Australier von Manfred Schreien kein Wort, kommen gucken und rücken dann mit Feuerlöschern an. Edi und Mariella torkeln aus dem Fahrzeug. Mariellas hat zum Glück kaum etwas abbekommen, aber Edi, wie sieht er aus. Er gleicht einer versengten Gans. Sein ziemlich langer Vollbart ist beträchtlich gekürzt, Haare und Augenbrauen angesengt, das Schlimmste aber sind seine Beine. Bis zu den Knien sind sie völlig verbrannt. Zum Glück haben wir Brandsalbe in unserer Apotheke und können ihn gleich oberflächlich behandeln. Alle anderen schaufeln derweil noch immer Sand in den Wagen, der noch immer qualmt, da die 2. Batterie in der Aufregung vergessen wurde, abzuknipsen. Durch den Schwelbrand waren nun alle Kabel, kurzum die gesamte elektrische Anlage des Wagens hin. Manfred hatte kurzen Prozess gemacht, um den Wagen vor noch größerem Schaden zu bewahren. Das Auto sah wüst aus und noch konnte man das Ausmaß des Schadens e nicht ermessen. Edi bot ein Bild des Jammerns und zu seinen Brandwunden kam nun noch der Schock. Er machte schlapp und wir beschlossen, ihn so schnell wie möglich nach Agadez ins Hospital zu fahren. Da unser Max ein großes Bett hatte, war es einfach ihn darauf zu legen. Mariella fuhr mit, ich mußte bei dem ausgebrannten Wagen und den Australiern bleiben. Sie wollten den Wagen abzuschleppen. Manfred ließ ihnen noch unser gutes neues Abschleppseil dort. An diesem Tag konnten wir noch 15 Kilometer fahren dann brach die Nacht herein. Wir befanden uns 60 km vor Agadez. Die Australier kümmerten sich rührend um mich. Abends am Lagerfeuer rundeten zwei Tuaregs das bunte Bild ab. Insgesamt waren wir: 8 Australier, 1 Franzose, 2 Schweizer, 1 Deutscher, 1 Italiener und 1 Engländer. Mein Nachtlager schlug ich in Edis ausgebrannten Wagen auf. Es war eine fürchterliche Nacht, da mir die ganze Aufregung in den Knochen lag. Früh am Morgen setzte sich der Treck wieder in Bewegung. Nur sehr langsam ging es infolge des Abschleppens voran. Nachdem ein kleines Waidstück durchfahren war, begeisterte uns der Charakter dieses Landstriches. Hier begann „AFRIKA". Kleine Dörfer mit Rundhütten aus Schilf erbaut ‚säumten den Weg. Die Leute nackt oder in wunderschöne bunte Tücher gehüllt. Wir sind begeistert. Nochmals durchfahren wir eine Gegend mit schwarzen Bergen die teilweise mit weißen Flaumpflanzen bewachsen sind. Von weitem gesehen täuscht es Schnee vor und wir sind von dem Anblick alle überwältigt. Die Sahelzone ist viel interessanter, als wir bisher annahmen. Kaum bettelt noch jemand nach Wasser und Brot. Punkt 11 Uhr sind wir am Campingplatz in Agadez. Unser Max steht da, Edi und Mariella kommen uns entgegen gehumpelt, aber von Mannfred fehlt jede Spur. Gleich darauf erfahren wir den Salat. Um noch vor dem dunkelwerden Agadez zu erreichen, fuhr Manfred schneller und unvorsichtiger, als sonst. Infolge einbrechenden Dunkelheit übersah er einen großen Stein und setzte ziemlich unsanft mit der Ölwanne auf. Dass Ergebnis war ein schöner Riß in der Ölwanne. 15 km vor Agadez war auch diese Fahrt beendet. Edi mußte aber unbedingt ins Krankenhaus. Zum Glück näherte sich in dem Augenblick ein Pkw und selbstverständlich wurden Edi und Mariella mitgenommen. Manfred stand nun ganz mutterseelenallein in der Wildnis.
02.11.1974 Am kommenden Morgen wurde er von einem Lkw-Fahrer abgeschleppt. Dies kostete ihn mehr Nerven und Anstrengung, als der ganze gestrigeTag mit all seinen Aufregungen. Nur am Anfang hielt sich der Fahrer an seine Bitte, sehr langsam zu fahren. Schon nach wenigen Metern war er auf 60 km/h und es nutzte kein hupen oder schreien, eine Verständigungsmöglichkeit war nicht drin. Manfred stand ständig auf der Bremse und als sie hielten, waren sie ganz heiß gelaufen. Weitere Folge war eine Reifenpanne. Manfred schwor sich, sollte er nochmals in die Verlegenheit kommen, abgeschleppt zu werden, will er lieber 3 Tage auf einen Touristen warten, als nochmals das Angebot eines einheimischen Lkw-Fahrers anzunehmen. Es waren für ihn die fürchterlisten Minuten der bisherigen Reise. Immer wieder erzählt er, wie der Fahrer mit 60 km/h über die Wellblechpiste und durch die tiefen Löcher donnerte. Vor sich sah er nur Staub und die Umrisse des Lkw's, nie wußte er, wie die Straße weiterging. Nie zuvor war er so entnervt, wie nach dieser Abschleppsafari. Ein Wunder, daß nicht mehr am Wagen kaputtging. Nun war Manfred bereits nach Agadez unterwegs, der Campingplatz befindet sich 10 km ausserhalb der Stadt, um die Ölwanne schweißen zu lassen. Bald darauf kam er auch zurück und alles war gecheckt. Durch Peter, einem Engländer, bekam er sie für 3 Flaschen Bier in Ordnung gebracht. Normaler Preis in der einzigen Werkstatt von Agadez' DM 30,-- Seit 9 Jahren arbeitet Peter bereits in der Wüste beim Militär als Kfz-Mechaniker und kennt alle Lände von Mauretanien bis Tschad. Überhaupt sind alle Preise in Agadez unheimlich hoch. Alles ist konkurrenzlos und Touristen lassen sich sehr gut ausnehman. Für den Campingplatz müssen wir pro Tag und Nase 300 Frs. DM 3,-- berappen. Ein Abendessen bei der "netten" Madame bekommt man für Frs. 6,50. Diesen Abend waren wir Gäste von Peter und seinem Freund Roger, einem Belgier, mit dem er ein Flat teilt. Roger ist nur ca. 5-6 Wochen hier. Seine Aufgabe besteht darin, das Wüstenland abzutasten um evtl. Agrarland zu gewinnen oder Tierparks anzulegen. Für uns ist es ein sehr amüsanter und erholsamer Abend nach all den Aufregungen. Unseren Max hatte ich wie bereits oftmals zuvor, vom Wüstenstaub befreit. Immer wieder eine sehr unerfreuliche, doch nötige Arbeit, da man einfach in dem Staub nicht leben kann. Die Ölwanne war auch bereits wieder eingbaut, die Reifenpanne behoben und andere Kleinigkeiten in Ordnung gebracht. An diesem Abend fühlten wir uns durch und durch urlaubsreif.
02.11.1974 Heute waren wir bei Peter und Roger zu Hause. Die schönsten und erfrischendsten Fruchtsaftgetränke wurden uns vorgesetzt. Die Luft ist extrem trocken und wir trinken viel mehr, als je zuvor. Die Tage vergehen. Wir bummeln durch Agadez bewundern den 600 Jahre alten Turm, das Wahrzeichen der Stadt, sowie den alten Sultanspalast. Einkaufsmöglichkeiten bieten sich in einem schönen illustrierten Markt, der aber nicht billig war. Viel Auswahl gibt es nicht, doch Brot, Tomaten, Zitronen und sogar ganz kleine Bananen kann man erstehen. Der langersehnte "Swimmingpool" auf dem Campingplatz entpuppte sich als nicht sehr großes rundes Bassin und erst als "Madame" eine Säuberung des Wassers und der Wände anordnete, getrauten wir uns ein Bad zu nehmen. Sehr erfrischend war warme Wasser aber auch nicht. Aber immerhin, besser als gar nichts.m Peter versicherte,daß Agadez das beste Wasser dieser Zone hätte, absolut einwandfrei und laufend von einem französischen Arzt getestet. Nach dieser Offenbarung kochten wir unser Wasser nichts mehr ab, es bekam uns ausgezeichnet. Das erste mal Wasser zu trinken, ohne abzukochen. Es war wunderschön, da das abgekochte Wasser nie so schnell abkühlte, wie wir Durst hatten. Um eine Beschleunigung zu erreichen, wurden alle Flaschen und sonstigen Gefäße auf der Reise laufend mit feuchten Tüchern umwickelt und in den Wind gestellt. Es machte enorm viel aus.
Nach 2 Tagen Aufenthalt in Agadez kam auch noch zur großen Trockenheit ein Sandsturm auf. Zwar nicht sehr intensiv, dafür aber ausdauernd. Die Luft war vom Sand durchsetzt, die Sonne drang nur schemenhaft bis zu uns durch. Fuhren wir nach Agadez, war es schwierig, den Reifenspuren zu folgen, keine 10 m konnte man sehen, es war bald schlimmer als Nebel. Ich wollte so wollte so schnell wie möglich die Stadt verlassen. Auch die Nächte brachten keine Erholung und Abkühlung mehr. Die Wüste erschien uns von hier aus wie eine gute Fee. Am letzten Abend vor unserer Abfahrt gab es nochmals eine Aufregung. Ich wollte etwas aus dem Wagen holen und bemerkte Gasgeruch Manfred kontrollierte daraufhin alle Gasflaschen (3 Stück), nahm sie aus den Schränken, stieg aufs Dach, alles in bester Ordnung. Fenster und Türen ließen Luft herein und der Gasgeruch ließ nach. 2 Stunden später. Wieder intensiver Gasgeruch, diesmal im Fahrerhaus. In Nähe der Handbremse mußte es entströmen; hier roch es sehr konzentriert. Auch Edi diagnostizierteeinwandfrei Gasgeruch. Wir waren verzweifelt. Wo kommt das Gas her? Sämtliche Ecken und Winkel wurden systematisch abgeschnüffelt. Dann entdeckten wir die "Gasbombe". Unter dem Fahrersitz hatte Manfred für alle Fälle, wie er meinte, eine Patrone Tränengas als "Verteiigungswaffe" zurechtgelegt, durch die Wellblechfahrerei hat sie so gelitten, daß das Gas entströmte und uns die ganze Aufregung brachte. Als die "Bombe" entschärfte war, mußten wir alle tüchtig lachen. Nun gab es noch das Problem Edi und Mariella. Bis hierher waren wir zusammengefahren, konnten wir sie nun allein lassen? Keiner wußte, wann die Brandwunden verheilt sein würden und wie lange sie noch in Agadez bleiben müßten. Eigentlich waren sie hier ganz gut aufgehoben. Der Campingplatz wurde immer wieder von neuen Ankömmlingen aus, der Wüste belagert und es gab keinen Grund mehr zusammenzubleiben. Auch wußten wir aus Erfahrung, daß wir uns immer irgendwo wiedertreffen würden. Zwar waren sie etwas traurig, aber wir beschlossen die Abfahrt. Wir hatten schon ein schlechtes Gewissen, zum anderen aber hatte Edi hier eine gute ärztliche Versorgung und Louis und Christian wollten ebenfalls noch etwas mit der Weiterfahrt warten. Louis und Christian, die jungen Schweizer, deren Reise mit einem alten VW-Bus nach Abidjan führen soll. Ausser fahren haben sie so wenig Ahnung von ihrem Auto, daß Manfred manchmal meint, daß dies die Leute sind, von denen dann in den Zeitungen zu lesen ist. In Agadez war ihr Wagen kaputt. In Anbetracht ihrer Unkenntnis hatten sie wohlweislich keine Ersatzteile, sondern komplette Austauschstücke. Aber auch diese auszutauschen, fehlte es ihnen an Erfahrung. Nun, Manfred war Spezialist auf dem VW-Gebiet und konnte helfen. Freudestrahlend hörten sie eines Tages wieder das gewohnte Motorengeräusch. Edi hatte seinen Wagen auch fast wieder in Ordnung. Unser Freund Peter besorgte ihm alle elektrischen Kabel und einer Weiterfahrt vom Zustand des Autos her gesehen ‚stand nichts mehr im Wege. Alle freuten wir uns darüber. Zwischen dem Campingplatz und Agadez mußten wir ein Flußbett durchqueren und an dieser Stelle ist so nach und nach ein 2. Rastplatz für Camper entstanden. Ein Wagen campiert bereits die 3. Woche. Sie warten auf ein Ersatzteil, aber die französische Post streikt. ES ist nicht abzusehen, wann sie es bekommen werden. Hier wollen sich unsere Zurückbleibenden auch dazu stellen, sparen sie so das Geld für den Campingplatz. Durch Peter lernten wir noch einige interessante Leute kennen u. a einen indischen Piloten aus Chandigarh, z.Z. wohnhaft in Ottawa. Da wir Chandigar gut kannten, war er begeistert und lud uns in sein Hotel ein. Es war das Beste von Agadez, mit Air-Condition und Dusche (alles mäßig sauber und der Stromgenerator fiel öfters aus). Als Abschiedsgeschenk erhielten wir von ihm ein Glas Grapefruit-Extrakt. In Wasser aufgelöst, ergab das ein köstliches Getränk das wir unentwegt tranken, 4 Tage dauerte die Freude, dann war alles alle. Am Tage vor unserer Abfahrt war es ein großes Rätselraten welche Strasse wir wählen. Es gab zwei Möglichkeiten, einmal über Zinder und zum anderen über Tahua. Mal wurde uns Zinder, mal Tahua als der besserer Weg empfohlen, aber genau wusste es niemand. Zinder, als ehemalige Hauptstadt Nigers hatte zwar mehr Reiz für uns, aber der Strassenzustand war entscheidend. Nachdem wir an diesem Abend die letzten Informationen gesammelt hatten, stand Tahua fest. Der Besitzer des Campingplatzes kam an diesem Tag aus Zinder und berichtete: Äusserst schlecht passierbar. Zwei Schweizer kamen über Tahua und meinten, bis auf 80 km gut befahrbar. Und hier gibt es auch nur 3 schwierige Stellen. Die Sache war damit entschieden. Unser Peter mußte auch nach Niamey und so beschlossen wir, daß er einen Tag nach uns aufbrechen wird, um uns im Falle eines Falles aus dem Schlamassel ziehen zu können. Mit 3 Landrovern machte das keine große Mühe und für uns war es ein äußerst beruhigendes Gefühl. Mit den "4 Verschollenen", Volker, Schiotter, Brigitte und Barbara, sowie Rudi, den" Motorradfahrer, brachen wir am Dienstagmorgen auf. Haben wir die Sahara gut hinter uns gebracht, werden wir dieses Stück auch noch bewältigen. 450 km lagen vor uns. Die ersten 300 km hatten wir absolut keine Schwierigkeiten, wir kamen sehr gut voran. Kein einsanden, nichts. Die Landschaft zeigte sich in den schönsten grünen Tönen, alles blühte und grünte. Wir hatten unsere Freude. Nach ein paar Stunden Fahrzeit hatten wir auch die Zone der Sandstürme verlassen. Zu beiden Seiten de4Strasse die Überreste der letzten Regenzeit, viel Teiche und Seen, bevölkert von riesigen Vogelscharen. Arten, die wir noch nie zu sehen bekamen. Am nächsten Tag, als Manfred morgens starten wollte, tat es der Max nicht mehr. Nur mit Anschieben. Manfred versuchte zwar, den Fehler zu finden und zu beheben, es gelang ihm jedoch nicht. Rastplätze wurden künftig nur noch so ausgesucht, daß Max gut zum Anschieben stand. Noch sehr harmonisch verlief die Mittagspause, doch danach saßen wir bereits im dicksten Schlamassel. Wir schaufelten und schaufelten. Zum Glück waren wir nur 2 Wagen. Immer wieder fahren wir Umleitungen, d. h. mitten durchs Gelände, was nicht immer ungefährlich ist. Durch das hohe Graß kann man den Boden nicht mehr erkennen und versteckte Baumwurzeln oder Löcher können zum Verhängnis werden. Ist man einmal im Gelände, gibt es kein zurück mehr. So manchen Kratzer hat unser Max dabei abbekommen. Nicht nur Sand-, sondern auch Wasserstellen umfahren wir. Drei Mal sitzen wir bis zu den Achsen im Sand, 4 x sogar der VW-Bus. Am Abend wußten wir, was wir getan haben, es war viel schlimmer als in der Wüste. Dazu noch den defekten Anlasser. Irgendwie ging es aber immer wieder weiter, vor allem gab es viele einheimische Helfer. Waren keine Schaufeln mehr vorhanden, buddelten sie mit den Händen und zum Anschieben waren sie uns auch immer sehr willkommen. Für Zigaretten und Streichhölzer sowie Eßwaren waren sie sehr dankbar. Nach Wasser wurde hier nicht mehr gefragt. Die Regenzeit hatte ihre Spuren hinterlassen. Die Landschaft bot sich jetzt leicht hügelig und die schattigsten Plätze fanden wir unter großen Mimosenbäumen. Im Gegensatz zur nordlichen Regione konnte man hier von einer beinahe "dichten" Besiedelung sprechen. Am Wegrand viele Dörfer aus Rundhütten, große Kamel- und Büffelherden. Sehr angenehm die Luft, die Nächte kühlen sich etwas ab. Abends am Lagerfeuer betrachten wir den Sternhimmel, suchen immer noch das Kreuz des Südens, Symbol der Tuaregs. Ein kleiner Skorpion wird vom Feuerschein angezogen und versetzt uns alle in Aufregung. Zwar ist es nicht der gefährliche schwarze, aber wir müssen doch vorsichtig sein. Die Nacht war sehr angenehm und erholsam und Tahua ist nicht mehr weit. Wir waren alles frohgelaunt. Das schaufeln hört aber nicht auf. Zum Glück kann Manfred mancher gefährlichen Stelle ausweichen, er ist ein wahrer Meister im Umfahren geworden. Einmal, wieder bei einer "Umfahrstelle", schaukelte sich der Wagen bei einer Fahrgeschwindigkeit von viel- leicht 5 km/h so auf, daß wir uns schon im Graben liegen sahen. Zwar sieht das Schaukeln immer gefährlicher aus, als es ist, diesmal war aber bestimmt die äußerste Grenze erreicht. Fast genausoviel wie das Schaufeln, machen uns die vielen kleinen Diesteln zu schaffen. Der ganze Sandboden ist voll von ihnen. Sie sind eine große Plage. Jeden Abend müssen wir uns von ihnen befreien, sonst bekommt man eitrige Stellen und das ist noch unangenehmer. Heute haben wir nicht geschafft, was wir vorhatten und die Mittagspause wird entsprechend kurz gehalten. Danach fahren wir vielleicht 5 km, als sich der Max nicht mehr schalten läßt. Auch das noch. Manfred bekommt keinen Gang hinein. Der Sand wird für uns zur Panik. Kein Anlasser mehr und die Kupplung kaputt. Wir sind entnervt. Zu reparieren gibt es im Augblick nichts, wir müssen erst nach Tahua kommen. Manfred vermutet, daß die Druckplatte hin ist. Mit großer Mühe und Anstrengung läßt sich der 1. Gang einlegen, manchmal auch nicht. Ist er drin, lassen sich die anderen Gänge ohne Kupplung schalten. Nur schnell weiter und möglichst ohne anzuhalten. Trotzdem sitzen wir noch 1 x fest im Sand, doch danach ist das berüchtigte "schlechte Stück" überwundend, für uns gibt es kein Anhalten mehr. Wir fahren und fahren. Zwar manches Mal immer noch durchs Gelände, aber Reifenspuren deuten daraufhin, daß es sich um Umfahrgelegenheiten handelt, die nach unseren Erfahrungen immer besser sind, als die ausgefahrene Straße. Diese wird nun zusehends besser und in der Ferne können wir bereits den Wasserturm von Tahua ausmachen. Große Erleichterung. Geschafft. Den anderen sind wir zwar davongefahren, aber die werden es schon schaffen. In Tahua angekommen, halten wir nach einem Rastplatz ausschau, der sich nach Möglichkeit gleichzeitig zum evtl. reparieren des Wagens eignet. Das Gelände des Krankenhauses erscheint uns äußerst günstig, wir erhalten aber keine Erlaubnis, dort zu stehen. 3 deutsche Ärzte sind hier tätig und nach einem Telefongespräch mit Herrn Dr. Brecke werden wir ins einzige Hotel der Stadt gebeten, da dort der deutsche Botschafter von NIGER, Herr Dr. Jötze, einen Empfang gibt. Danach steht uns Herr Dr. Brecke zur Verfügung. Wir fahren zum angegebenen Hotel und warten. Unsere Freunde sind immer noch nicht eingetroffen und wir sind beunruhigt. Rudolf, der mit uns gefahren ist, macht sich auf, um die Gegend abzusuchen, falls wir uns verfehlt haben sollten. Kurz nach 7 Uhr treffen sie ein, völlig erledigt und erschöpft. Im Schlamm hatten sie gesteckt. Zum Glück hatten wir diese gefährliche Stelle umfahren. Allein war es nicht möglich, den Wagen wieder frei zu bekommen, doch zum Glück näherten sich zwei Landrover, die sie hinauszogen. Später stellte sich heraus, daß es der deutsche Botschafter mit Gefolge war. Unser Dr. Brecke war auch dabei. Deshalb waren sie alle so in Eile. Aber: Ende gut, alles gut. Der Botschafter kam noch pünktlich zu seinem angesetzten Empfang uns unsere Freunde waren wieder auf dem trockenen. Als wir uns dann später ebenfalls unter das sehr illustrierte Volk mischten, wurden wir vom Boschafter sogar persönlich begrüßt und zu Tisch gebeten. Tisch ist nicht der richtige Ausdruck. Es war eine lange Tafel mit drei großen Hammeln darauf, z. T. gefüllt mit Kuskus. Delikate Soßen und pikanten Salaten rundeten das Menü ab. An Getränken gab es Wein, Whisky und Limonaden. Wir ließen uns nicht 2 x auffordern und griffen tüchtig zu. Auch erhöhten wir die Getränkerechnung des Mrs. Ambasadeurs erheblich. Eine 2. Tafel mit Sandwichbroten, Chips, Nüssen und manchen uns unbekannten Leckereien rundeten die Schlemmerparty ab. GIeichzeitig bot sich uns die Gelegenheit zur eingehender Unterhaltung mit den hier ansässigen Deutschen. Die 3 Ärzte waren als Entwicklungshelfer hier, eine Ärztin war mit einem Tierarzt aus dem Niger verheiratet, wird das Land nicht mehr verlassen. - Nach all den Anstrengungen der letzten Tage ist der heutige Abend ein wirklich schöner Abschluß und wir fallen später totmüde in unsere Betten. All die neuen Eindrücke müßen erst verkraftet werden. Den nächsten Tag bleiben wir noch vor dem Hotel stehen und Manfred studiert seine Mercedes Manuels. Verzweifelt sucht er nach dem Fehler, aber die beiden Handbücher geben ihm nicht genügend Erleuterung. Die anderen wollen nach einem passenden Platz für die nächsten Tage suchen. Als sie vielleicht 1/2 Stunde fort waren, Motorengeräusch neben uns und Peter strahlt uns an. Ein Stein fällt uns vom Herzen. So erleichtert waren wir lange nicht mehr. Nachdem Peter nun ebenfalls sein Urteil von sich gab, wurde beschlossen, noch heute weiter nach Niamey zu fahren. Dort gab es die beste Mercedes-Werkstatt von Niger. Da Peter mit uns ging, waren wir ziemlich unbesorgt, nochmals 500 km ohne Anlasse und Kupplung zu fahren. Außer 180 km Wellblech ist die Straße sehr gut. Mit Einsandungen ist nicht mehr zu rechnen. Wir werden es schon irgendwie schaffen. Rudolf mit der Motorrad kommt mit uns, die anderen entschließen sich noch zum bleiben. Um 2 Uhr mittags brechen wir auf. Zu Anfang fahren wir noch in Sichtweite, verlieren uns infolge dichtem Verkehr und großen Staubwolken aber aus den Augen. Bei einer Weggabelung entschließen wir für den weiteren, jedoch nach Aussagen der Schwarzen, für den besseren Weg. Wie die anderen fahren, wissen wir nun nicht mehr. Wir haben nur noch ein Ziel vor Augen: noch heute nach Niamey zu kommen, möglichst ohne anzuhalten. Hatten wir die erste Strecke Asphalt, so sind wir jetzt wieder auf einem 180 km langen Straßenabschnitt mit dem berüchtigten Wellblech. Es ist Spätnachmittag und sehr unangenehm, da wir gegen die Sonne fahren. Durch den Staub der entgegenkommenden Fahrzeuge fährt man oftmals blind, was immer größte Nervenanspannung für Manfred bedeutet. Um 20.30 Uhr abends erreichten wir Dosso und hatten ab hier wieder Asphalt. Das 1.Mal, daß wir nachts fahren und wir entschließen uns zur Weiterfahrt. Um 23 Uhr sind wir endgültig in Niamey, ziemlich abgespannt nach, 9 Stunden ununterbrochener Fahrt.
09.11.1974 Ja, so ist das manchmal, obwohl Niamey nicht auf unserer Reiseroute lag, sind wir froh, jetzt hier zu sein. Wir suchen uns das Sahel-Hotel Treffpunkt der Wüstenfahrer. Gleich am nächsten Morgen sind wir um 8 Uhr in der Mercedes-Garage. Es ist ein Sonnabend und wir haben wenig Hoffnung auf eine schnelle Reparatur. Von Rudolf und Peter war bisher nichts zu sehen. Wahrscheinlich sind sie doch hinter uns. In der Werkstatt erleben wir eine angenehme Überraschung. Herr Oldeburg aus Deutschland, Generalvertreter für Westafrikalist gerade zugegen. Er dolmetscht für uns und erreicht, daß der Wagen in Angriff genommen wird. Um 1 Uhr mittags konnten wir ihn tatsächlich wieder übernehmen und er fuhr. Aber nicht so, wie es sein sollte, Manfred war nicht zufrieden. Die Kupplung ging vorher leichter, etwas beunruhigte es Manfred. Montag will er nochmals zu Mercedes. Währenddessen unser Max in der Werkstatt auseinandergenommen wurde, waren wir Gäste von Herrn Oldenburg. Er bewohnt ein wunderschönes Appartement im Terminus-Hotel und wir nehmen eine kühle Dusche. Das schönste, es gibt kühles Bier vom Fass. Es ist ein äußerst angenehmer Vormittag für uns, und entschädigt für den gestrigen Tag, der aus harter "Arbeit" gleich Fahren, bestand. Herr Oldenburg lädt uns zu sich nach Abidjan ein. Eigentlich kommen wir ganz von unserer geplanten Route ab, aber da wir uns sowieso bereits in westliche Richtung bewegen, lassen wir uns sehr schnell umstimmen und nehmen die Einladung an. Nach Uberprüfung unserer Reisekasse sind auch in dieser Hinsicht keine Schwierigkeiten vorhanden. Manfred ist glücklich, nochmals nach Abidjan zu kommen, daß ihm auf seiner Schiffsreise gut gefallen hat und ich freue mich, es kennenzulernen. - Heer Oldenburg ist sehr erstaunt, daß wir mit diesem Mercedes-Typ D406 eine Sahara-Durchquerung wagen und auch gut überstanden haben. Beim Test schnitt unser Wagen ziemlich schlecht ab und der Bau soll demnächst eingestellt werden Wir sind die ersten, die mit dem Mercedes Typ durch die Wüste kamen und sehr stolz auf unseren "Pioniertat". In der Werkstatt wurden für 20500 France das Kupplungsseil ausgewechselt, der Anlasser repariert, Keilriemen nachgezogen, alles abgeschmiert, die Druckplatte ausgewechselt und noch verschiedene Kleinigkeiten behoben. Das Ersatzteil hatten wir natürlich nicht dabei, wie das immer so ist. Da in Lörrach der Motor vollkommen überholt wurde, war nicht anzunehmen, daß wir hier Verschleiß haben würden. Im Laufe dieses Vormittags traf unser Motorradfahrer ein. Er hatte eine Panne und traf erst heute früh in Niamey ein. Sein Gasseil war gerissen. Den restlichen heutigen Tag verbrachten wir im Swimmingpool des Sahel-Hotels. Nach der wochenlangen Wüstenfahrt die Krönung. Stundenlang hielten wir uns im Wasser auf, unsere Haut: hatte es nötig. Abends suchten wir uns ein billiges Lokal und fanden ein nigerianisches Restaurant. Für insgesamt 4,80 Prc. bekamen wir 1 Omelette, 1 Steak,1 Portion Pomfrites und 1 Bier. Der Kurs ist fast 1 : 1.
10.11.74 Früh am morgen wurden wir von Peter geweckt. Auch er hatte eine Panne und wail gestern erst um 12 Uhr in Niamey angekommen. Wir schliefen bereits und er wollte uns nicht wecken. Er war beruhigt, daß wir heil angekommen waren. Mittags kam er mit Roger. Wir staunten, auch ihn hier zu sehen. Zusammen gingen wir essen. Abends wollten wir die Durchquerung der Wüte mit einem erstklassigen Essen beschließen und verabredeten uns in einem vietnamesischen Lokal "Lotus Bleu". Peter kam aber nicht, doch es wurde trotzdem ein gelungener Abend. Mit von der Partie waren Julius und Jean-Pier, die 2 Schweizer vom Roten Kreuz. Das Essen war ausgezeichnet, seit Monaten hatten wir nicht mehr so gut gespeist. Anschließend in der Domino-Bar lernten wir noch 6 weitere Touristen kennen, die ebenfalls die Wüste hinter sich, oder noch vor sich haben. Thema 1 aller Wüstenfüchse ist immer der Straßenzustand und Tauglichkeit der jeweiligen Fahrzeuge. Stundenlang wurde darüber diskutiert.
11.11.1974 Heute morgen kommen uns zwei Österreicher (Ehepaar) besuchen, derer Bekanntschaft wir gestern abend machten. Sie reisten über Mauretanier an, haben einen geländegängigen Unimog und so gut wie keine Schwierigkeiten. Ein einziges Mal waren sie bisher steckengeblieben, obwohl Mauretanien weitaus schwieriger zu befahren ist, als die Hogga-Piste. Sie wollen ebenfalls nach Süd-Afrika, haben jedoch mehr Zeit eingeplant. Zu ihrem Reisegepäck gehört ein Schlauchboot mit 20 PS Aussenbordmotor. 3-4 Wochen haben sie für Zaire geplant und wollen u. a. die zahlreichen Flüsse dort befahren. Wir bewundern und beneiden sie. So zu reisen macht natürlich weitaus mehr Spaß. Bei uns ist es ein ewiges "Durchkommen". Später geht unser Max nochmals in die Werkstatt und unsere Reisekasse wird abermals um 20000,-- Frcs. erleichtert. Eine neue Kupplungsscheibe war notwendig. Zwar hatten wir dieses Ersatzteil dabei, aber durch das Auslaufen eines Öikanisters in unserer Blechkiste waren viele Dinge verdorben oder unbrauchbar geworden. So auch die Kupplungsscheibe und die Bremsbelege. Zwar versuchte man das Öl mit dem Schweißbrenne] herauszubringen, aber die Scheibe brach bei der unsanften Behandlung. Die Tage in Niamey waren sehr erholsam. Fast jeden Tag Schwimmen, bummeln durch die Strassen, besuchen den Zoo und besichtigen das Museum, was uns nochmals Kultur und Leben der Tuareggs vergegenwärtigen läßt. Ansonsten ließen wir uns, so viel wir konnte mit Bier vollaufen. Abends plauschten wir immer mit Julius aus der Schweiz, der viel von seiner letzten Tätigkeit als Rot-Kreuz-Helferm in Äthiopien zu erzählen wußte. Am Mittwoch wollten wir eigentlich aufbrechen. Rudolf hatte uns bereits gestern verlassen, aber Louis und Christian waren angekommen. Es gab viel zu erzählen, obwohl wir uns nur eine Woche lang nicht gesehen hatten. Am meisten interessierte uns natürlich, wie es Edi und Mariella ging. Wir konnten beruhig sein. Auch sie hatten die Reise bereits fortgesetzt. Wir beschlossen noch einen Tag zu bleiben. Wir staunten nicht schlecht, als im Laufe des Tages und des abends noch 2 Anhalter, denen wir ebenfalls begegnet sind, 3 Schweizer, letzter Kontakt in Agades und Edi und Mariella eintrafen. Nun verschoben wir die Abreise nochmals, denn erst mußten wir uns richtig ausquatschen". Als unsere 4 Nürnberger noch eintrafen, ergab das fast einen Campingplatz mit insgesamt 5 Wagen. Für uns war es schön, nochmals alle wiederzusehen. Von Volker kauften wir die Sandbleche, da der Wagen hier verkauft werden sollte. Sie hatten sich in der Wüste ab bestens bewähren und waren dazu so schön leicht (Aluminium). Wir glaubten, sie gut in Zaire verwenden zu können. Auch Eßwaren wechselten in unseren Wagen über. Volker gab uns eine Werkzeugkiste, die wir für ihn nach Lome bringen sollten. Er und Brigitt wollen von hier per Anhalter nach Lome, Schlotter und Barbara beabsichtigen, noch in Niger, Ober-Volta und Elfenbeinküste zu bleiben, aber die Reise mit dem Fahrrad oder einem Esel fortzusetzen. Für Manfred sollte der letzte Tag noch eine sehr große unangenehme Überraschung bringen. Der Ministerpräsident von Somali hatte sich angesagt, Niamey einen Besuch abzustatten. Demzufolge wurde alles Volk aufgerufen, die Strassen zu säumen und was laufen konnte, kam dieser Aufforderung gern nach. Läden, öffentliche Gebäude und auch unser Schwimmbad hatten geschlossen. Es war für uns ein eindrucksvolles Bild. Viele Tanzgruppen und musizierende Trios untermalten das bereits sehr bunte Treiben der Schwarzen auf den Strassen. Die Strassen waren z. T. gesperrt und Manfred will dieses Ereignis im Film festhalten. Er traut seinen Augen nicht, als er die Kamera zur Hand nimmt und feststellt, daß sich alle Linsen aus den Fassungen gelöst haben. Ganz traurig sieht er seine Yashika an, und resigniert meint er, 100 Filme dabei und nun die Kamera kaputt. Etwas schlimmeres hätte ihn nicht treffen können. So traurig war er nicht einmal, als der Max in die Werkstatt mußte. Da Volkers Reise in Niamey so gut wie beendet ist, überläßt er uns seine Kamera. Zwar ist sie auch nicht mehr ganz i. Ordnung, aber besser diese, als gar keine. Unsere große Hoffnung ist Abidjan. Wenn man irgendwo die Kamera noch reparieren kann, dann ist es nur in Abidjan. Nachdem wir unsere Reisekasse überprüft und für gut befunden haben, beschließen wir nun endgültig weiter nach Westen und später an der Küste zurück nach Osten nach Duala zu fahren. Zwar kostet das fast einen Monat Zeit, aber wir, wollen uns von dem gesetzten Termin der Südafrikanischen Regierung nicht beeindrucken lassen. Irgendwo bekommen wir das Visum bestimmt verlängert. Wahrscheinlich in Salisburry/Rhodesien. Im Supermarkt von Niamey bekommen wir auch unser geliebtes "TANG" . Grapefruitextrakt. Sind die Supermärkte auch sehr teuer, so kann man doch zum größten Teil alles kaufen, worauf man im Laufe der Ietzten Monate verzichten mußte. Wir decken uns mit Butter, Marmelade, Tomatenmark. Die kleinen französischen Weißbrote, an jedem kleinen Strassenstand zu erhalten schmecken uns ausgezeichnet. Umgerechnet DM 0,15 das Stück. Das 1. mal kaufen wir Frischfleisch ein. Trotzdem es zäher ist, als unser heimisches, mundet es uns ausgezeichnet. Das Kilo kostet nur DM 2,50. Nachdem die boys vom Sahel-Hotel unsere Wäsche gewaschen haben, bleibt für uns wirklich nur noch das Faulenzen übrig. Abends lädt uns Julius in sein Stammlokal ein. Ein Gartenrestaurant mit Ausblick auf den Niger, der sich träge dahinwälzt und hinüber zum anderen Teil der Stadt. Die Ufer sind von lustigen Wäscherinnen belagert, die lachend und singend in der trüben Brühe ihre Tücher reinigen. Heute endgültiger Aufbruch. Wir fahren sofort zum Ausgang der Stadt müßen aber nochmals umkehren, da uns ein Stempel von der Suriete National-Po1ice fehlt. Danach nehmen wir Kurs auf Ober-Volta. Wie im Norden, müssen wir uns auch hier von Stadt zu Stadt melden und eine Kennkarte ausfüllen. Ohne diese Polizeierlaubnis ist kein Passieren möglich. Kurz nach Niamey haben wir wieder die berüchtigte Wellblechpiste. Für Manfred ein rotes Tuch. Dazu noch z. T. tief Schlaglöcher und Querrinnen. Manchmal setzt "Max" so hart auf, daß wir meinen, nun ist alles kaputt, aber er hält tapfer durch. Kommt uns ein Wagen entgegen, haben wir uns angewöhnt, die Frontscheibe anzudrücken. Wir beobachteten das bei vielen Lkw-Fahrern und hoffen, so die Möglichkeit eines Splittern der Frontscheibe herabsetzen zu können. Mit Grausen sahen wir auf den Strassen immer wieder die zerbrochenen Scheiben. Ein Albtraun für uns. Als Volker und ein schweizer Wagen in Niamey eintrafen, waren sie ebenfalls ohne Windschutzscheibe. Gegen Mittag erreichen wir die Grenzä Ober-Volta. Die Landschaft ist weiterhinmlativ grün, große Büffel- und Ziegenherden kreuzen unseren Weg. Ich bewundere immer wieder die großen und bizarren Ameisenhaufen und möchte so gern ein Bild fürs Album machen, aber Manfred hält einfach nicht an. Gegen 4 Uhr nachmittags erreichen wir Fada N'Gourma. Eigentlich wollen wir hier nur einkaufen und vielleicht ein Bier trinken, kommen aber mit einem Amerikaner des Peace Corps ins Gespräch und nachdem uns ein Einheimischer zum Bier einlud, war es beschlossene Sache, daß wir die Nacht hier verbringen würden. Durchfuhren wir bisher ärmliche Orte mit meist Rundhütten in den verschiedensten Bauarten, z. T. auf Pfählen, so war Fada der 1. Ort mit netten Steinhäusern. Die Strassen glichen breiten Alleen und alles schien grün. Bäume, Sträucher, viel Blumen und am Stadtausgang ein lieblicher See mit zahlreichen Seerosen. Wir waren begeistert. 8000 Einwohner zählte die Stadt. Nachdem uns unser schwarzer Freund genügend Auskunft über seine Heimat, seinen Beruf und sein Leben geben hat, ist die Nacht hereingebrochen. Nachdem sich unsere Runde um weitere Mitglieder des Peace-Corps vergrößert hat, gibt es eine muntere Plauderei und wir bekommen viel interessantes zu hören. Später, als wir nach einem geeigneten Übernachtungsplatz fragen, erklärt uns Roger wir können bei einem deutschen Freund von ihm stehen. Er bringt uns auch gleich hin, Herbert ist aber nicht zu Hause. Kurz darauf trifft er jedoch ein, von Roger herbeizitiert. Herbert ist hier Entwicklungshelfer und wußte bereits, daß wir im Ort sind. Die Buschtrommel funktioniert ausgezeichnet. "Weiße sind angekommen". Uns ist es etwas peinlich, so einfach hereinzuschneien, Herbert aber freut sich über die Abwechselung und wir sind zum Abendessen eingeladen. Eine große Überraschung gibt es, als Manfred und Herbert feststellen, daß sie beide bei der Fa. De Te We in Berlin gearbeitet haben. Nachdem wir eine heiße Dusche als Krönung des Abends genommen hatten, kommt Besuch. Noch ein deutsches Pärchen, Christel und Hans aus Grenzach. Auch sie sind Entwicklungshelfer. Seit 3 jahren in diesem Ort mit einem 5-jährigen Sohn und einer 7 Monate alten Tochter Wie klein doch die Welt ist. Erinnerungen an die Heimat werden ausgetauscht. Später sind wir ihre Gäste. Auch am nächsten Tag sind wir zum Mittagessen eingeladen. Alles ist hier ziemlich einfach. Herbert, allein, beschäftigt 2 boys, einen für das Haus und zum Kochen, einen zweiten für den Garten. Christel und Hans haben zusätzlich noch ein Kindermädchen. Monatslohn der boys ungefähr 5000 - 75000 Pres. mtl., ca. DM 60,-- bis Di.' 80,--. Herbert und Hans bilden Kinder in Elektrik und Kfz-Technik aus. Vier Jahre dauert die Berufsausbildung, dann wird eine Prüfung abgelegt ca. 50 % bleiben auf der Strecke. Auf dem gleichen Gelände existier noch eine Schreinerei und Maurerei. Insgesamt hat Obervolta 3 Berufschulen dieser Art. Jede Schule lehrt andere Fächer. DM 15,-- bis DM 30,-- ist der mtl. Kostenbeitrag der einzelnen Schüler, incl. Kost und Logis. Alle Schüler sind eifrig bei der Sache und es herrscht eine hervorragende Disziplin. Freuen sich unsere Schüler über jeden schulfreien Tag, so ist es hier genau das Gegenteil. Die Schüler wissen mit ihrer Freizeit nichts anzufangen. Für sie ist es die Krönung überhaupt, einen Beruf erlernen zu dürfen, lesen und schreiben zu können, was sie aus dem unendlichen Meer der Analphabeten hervorhebt.
Hierfür sind sie bereit, jede freie Minute zu opfern. Als uns Herbert am nächsten Morgen durch die einzelnen Hallen führt, staunen wir, mit welchem guten Lehrmaterial das Entwicklungsdorf ausgerüstei
ist. Zum 1. Mal haben wir Gelegenheit, die Methode der Entwicklungshilfe kennenzulernen. Nachdem Roger nochmals vorbeigekommen ist, wir hatten einen Drink zusammen, verlassen wir endgültig nachmittags gegen 3 Uhr Fada-N-Gourmal und setzen die Fahrt Richtung Ouagadougou fort. Unterwegs
stellen wir fest, daß wir unsere Melitta-Tee-Kanne bei Herbert ver-
gessen haben. Das stimmt uns beide sehr traurig, jedoch die alte
Devise gilt auch hier: Schwund ist überall. 120 km legen wir noch
an diesem Tag zurück die Strasse ist zum grössten Teil noch sehr
schlecht. Wir beschließen, das schlechte Stück noch heute hinter um zu bringen. Dann winkt Asphalt. Manfred hat wieder einmal die Nase vom Wellblech und den Schlaglöchern gestrichen voll. Diese Nacht verbringen wir vor einer katholischen Mission. Die Prister kommen und laden uns ein, wir lehnen jedoch höflich ab da wir zu müde sind. Bereits um 18:30 Uhr liegen wir im Bett. Noch 1 1/2 Stunden bis Ouagadougou und dies auf bester Asphaltstrasse.
Was uns hier besonders auffällt, sie die vielen Flüsse und Seen, zu
beiden Seiten der Strasse. Die ganze Stadt ist von Wasser umgeben. Heute ist Sonnabend und wir haben wieder einmal keinen Franc in der Tasche. Die Banken sind geschlossen. In einem Hotel tauscht mar unsere DolIars ein, danach fahren wir außerhalb der Stadt ins Ricardo-Hotel und genießen den Swimmingpool. Gleich hinter dem Hotelgarten den Smimmingpool. Gleich hinter dem Hotelgarten schlängelt sich der Volta dahin. Friedlich bewegen sich ein paar Fischerboote vorwärts. Die Ufer sind seicht und von Schilf und Gras besäumt, Seerosen und andere Sorten verschönern die liebliche Landschaft. Dahinter tut sich der endlose Wald auf. Bei Coca-Cola mit Erdnüssen läßt es sich hier gut aushalten, abseits der Hauptstadt Ober-Voltas. Am frühen nachmittag setzen wir die Reise fort und steuern Ghana an, durchfahren die Orte Po und Pissi und erreichen um 15.00 Uhr die Grenze. Sofort sind wir von mindestens 100 Leuten umringt, die uns Cedi schwarz tauschen wollen. Wir sind natürlich ebenfalls sehr daran interessiert und tauschen 10.000 CFA für 75 Cedi, (auf der Bank gibt es nur 38 Cedi) fast das doppelte. Die Grenzformalitäten sind sehr einfach, aber doch immer mit warten verbunden. Mußten wir uns indem bisherigen Ländern mit französisch herumschlagen, so war uns die englische Amtssprache hier in Ghana sehr willkommen. Im Gegensatz zu Ober-Volta glich Ghana einem Wohlstandslande aber der Schein trügt. Keine halbnackten Menschen mehr, alles kleidet sich in netten bunten Tüchern und Textilien. Die üblichen Strohhütten sind hier ersetzt durch einfache Lehmhäuser, manche sogar aus Stein. Die Märkte sind voll on Waren all Art und auf den Strassen unterhalten viele Frauen eine Schneiderwerkstatt, d. h. sie besitzen eine Singer Nähmaschine und nähen gleich an Ort und Stelle. Angebettelt wurden wir in Ober-Volta nur noch vereinzelt, hier in Ghana überhaupt nicht mehr. Hier gibt es auch kein vertrocknetes Land mehr. Vor allem wird Mais und Hirse angebaut. Wir tanken 100 L Diesel für 17,60 Cedi (1 Gallone = 0,80 Cedi). Brot kostet das Stück 0,20 Cedi, schmeckt uns aber nicht so gut wie in Niger und Ober-Volta. Es hat einen süsslichen Beigeschmack. Haben wir bisher immer irgendwoher Eis für unseren Kühlschrank bekommen, so sehen wir uns hier enttäuscht. Die erste Nacht in Ghana verbringen wir an einem Resthouse. Dem "Master" versprechen wir, am nächsten Morgen seine Frau 30 Meilen mitzunehmen. Die Abende sind für uns sehr kurz. Manfred ist immer ziemlich erledigt, die Hitze des Tages und das schwere Fahrzeug nehmen ihn ganz schön mit. Totmüde fällt er nach dem Abendbrotessen immer sofort ins Bett. 12 Stunden Schlaf am Tag sind für uns ganz normal. Kriecht Manfred unter das Moskitonetz, ist er stets bewaffnet mit Salbe gegen Mückenstiche, Taschenlampe und Insektenspray. Trotz des Netzes finden einige Quälgeister immer wieder den Weg zu uns und lassen uns nicht zur Ruhe kommen, oder wir bemerken sie nicht und sind morgens zerstochen. Es ist die reinste Plage, am meisten jucken die Hand- und Fußgelenke. Trotz der Wärme können wir abends nur mit Socken, langärmeligen Pulli draußen sitzen. Lieber schwitzen, als zerstechen lassen, doch trotzdem sind wir ständig am kratzen. Die Reise setzen wir fort Richtung Süden, in der Mitte von uns die schwarze Mammi des "Masters". Natürlich mußte auch die überdemensionale große Schüssel als Reisegepäck mit, die hier alle Frauen auf den Köpfen tragen. Manfred verstaute alles auf unserem Bett und war sehr beeindruckt von der Schwere der Schüssel. Diese Last auf dem Kopf der Frau, er konnte es kaum glauben. Der Kinderwagen wir hier durch ein Tuch ersetzt, das um den Rücken gelegte oberhalb der Brust geknotet wird. Das Kind sitzt auf dem Rücken der Mutter wie in einem Rucksack oder einer Hängematte und stört keineswegs in der Bewegungsfreiheit. Kind auf dem Rücken, Last auf dem Kopf, die Hände sind frei. Alle paar Kilomet.er müssen wir anhalten infolge der Strassenkontrollen. Zwar waren wir darauf vorbereitet, aber doch entnervt es Manfred ganz schön, immer wieder den gleichen Vers zu hören:"Where are yo from where are you go?" Die Pässe werden kontrolliert, wir sind nicht sicher, ob alle Polizisten lesen können. Für Brückenüberquerungen müssen wir hier ein paar Cedis zahlen. 10 Bananen kosten 20 Cedi = 0,30 DM. Das 1. Mal sehen wir heute Affen auf der Strasse und in den Bäumen. Die Strasse ist asphaltiert, jedoch vereinzelt mit tiefe Schlaglöchern durchsetzt, was bei Asphalt ziemlich gefährlich für unseren Max werden kann. Unebene Strassenstücke werden durch ein Schild "Bumpi-Roud" angekündigt. Auch das ist nicht ungefährlich, da sich der Wagen derart aufschaukelt, um vielleicht beim nächsten Schlagloch, was wir nicht im voraus erkennen können, voll aufzusetzen. Zu bieten hat dieser Tag nicht sehr viel für uns, da die Strasse zu beiden Seiten von hohem Gras und z. T. Schilf bewachsen ist und uns den Blick ins Land versperrt. Als wir den Volta erreichen, ist das eine wunderschöne Abwechselung. Mit der Fähre müssen wir übersetzen. Wir sind die einzigen Weißen an Bord, 1 Stunde dauert die Überfahrt. Natürlich werden wir verstohlen, von manchen auch richtig blöde, gemustert. Man-fred hat Mühe, einem schwarzen, der nach Acra möchte klarzumachen daß unser Wagen keine Mitfährgelegenheit bietet. So ein großer Wagen und nur 2 Personen, wir können es keinem kIarmachen, fährt doch unser Wagentyp hier in Ghana als Buschtaxi und transportiert manchmal mehr als 30 Menschen mit Gepäck. In Ejura, 68 km vor Kumasi, übernachten wir im Garten des Hauptquartiers für Familienplanung. Alle sind sehr nett und freundlich und sehr an dem bisherigen Verlauf unserer Reise interessiert. Besonders die Kinder freuen sich über unser Kommen und sind stolz, daß sie uns mit einigen Brocken engIsch überraschen können. Im Chor werden immer wieder die Zahlen 1 - 10 aufgesagt. Diese Nacht ist wieder einigermaßen kühl und wir schlafen dementsprechend sehr gut.
18.11.74 Noch heute wollen wir die Elfenbeinküste erreichen. Unbeschreiblich freuen wir uns auf das Meer, aber noch sind wir in Ghana. Die Polizisten an den üblichen Strassenkontrollen verlangen jetzt sogar Geschenke. Wir lachen sie nur aus. Ein Polizist überrascht uns mit deutsch. Er war in Düsseldorf und ist sehr stolz darauf. Bereits ab Ejura haben die Dörfer Kleinstadtcharakter mit 1 - 2 stöckigen Häusern. Kumasi unterscheides sich in nichts von südlichen europäischen Kleinstädten. Hübsche bunte Häuser mit gepflegten Blumenbeeten. Kurz darauf sind wir mitten im Urwald. Wir konnten uns nicht sattsehen, diese Üpigkeit von Vegetation überwältigte uns. Bananen, Papaias, Datteln, Gumibäumen, Kakao und viele Sorten, die wir nicht kannten. Alles umrankt von Efeu und Lianen. Ein typischer Mangrovenwald. Dazwischen Bäume mit feuerroten großen Blumen und wieder andere mit kleinen gelben Blüten und gleichzeitig Früchten. Lichtet sich der Wald, durchfahren wir Ananasplantagen, Orangenhaine oder kleine Eingenborenendörfer oder kleine nette Städtchen. Zu unserem Erstaunen sehen wir, daß auch Reis angebaut wird. Die Strasse zur Grenze ist zwar asphaltiert, aber in so schlechtem Zustand, daß wir manchmal Angst um unseren Max haben. Kurz vor der Grenze vertanken wir unsere Ietzten Cedis. Durch den Schwarzmarkt ist das Benzin für uns hier sehr billig. Die Asphaltstrasse ist wieder einem Lateritweg gewichen, zeitweise mit Wellblech und wieder viel Staub. Jeder Wagen, der uns entgegenkommt, wirbelt turmhohe Staubwolken auf, die bei der Windstille stundenlang in der Luft hängenbleiben. Wir können kaum etwas sehen. Aber schlechte Sicht ist für die Einheimischen kein Grund zum langsam fahren. Das Ergebnis dieser Raserei sehen wir oft am Strassenrand: Unfallwagen. Baustellen, Wellblech und Schlaglöcher wechseln, zum Glück sind es nur etwas mehr als 35 km, aber bei schlechten Strassenverhältnissen können sie zur Ewigkeit werden. Endlich sind wir an der Grenze. Zoll, Polizei und gleich darauf wieder Straßenkontrolle. Formblätter werden wieder ausgefüllt, wie in den bisherigen französischen Ländern. Manfred ist ziemlich entnervt und will, obwohl es schon ziemlich spät ist, noch heute die Asphaltstrasse erreichen. In Agnibilekrou beginnt sie, Manfred fährt durch. Gleich hinter der Ausfahrt wieder Kontrolle und dann eine herrliche Straße gleich einer Autobahn. Wir wollen nun einen Rastplatz fur uns haben, aber nur dichter, undurchdringlicher Urwald umgibt uns. Gleich einer Berg- und Talbahn führt die Strasse immer wieder bergauf und hinunter. Und sie hat viele Kurven. Die nächste Stadt ist Abengourou und es ist bereits dunkel, als wir sie erreichen. Da wir nicht viel erkennen können, suchen wir uns ein Hotel oberhalb der Stadt und übernachten auf dem Parkplatz. Es ist nicht das schlechteste, da wir immer die Hoteltoilette und manchmal auch die Duschen benutzen können. Diese Nacht ist sehr schwül, wir können kaum schlafen. Wie in der Wüste verschafft sich Manfred Abkühlung durch feuchte Tücher.
19.11.74 Bereits früh am nächsten Morgen werden wir von einem Deutschen begrüsst, der hier im Hotel wohnt. Seit 4 Monaten unterrichtet er am Lyzeum von Abengourou deutsch und freut sich über unser kommen. Die Stadt ist umgeben von tiefstem und dichtestem Urwald der z. T. unter Naturschutz steht. Heute werden wir Abidjan erreichen. Auf der Strasse eine tote Schlange, die erste die wir sehen. Langsam wechselt die Landschaft vom dichten Wald und große flache Ebenen über. Viel Anbau von Mais, Zuckerrohr, Rüben und Ananas. Die Strassen säumen wilde große Ibiskussträucher. Alles blüht. Langsam nimmt der Verkehr zu, wir nähern uns der Metropole der Elfenbeinküste und um 14.00 Uhr erreichen wir sie.
Manfred ist ganz aufgeregt und erinnert sich an seinen letzten Besuch, als er mit dem Schiff "Werderland" hier war. 4 Jahre ist es her. Unser 1. Weg geht zum d'Ivoire-Hotel, dem teuersten und schönsten wohl an der ganzen Westküste Afrikas. Es ist der höchste Bau der Stadt und nicht schwer zu finden. Eine feudale Anlage mit Swimmingpool, Garten, mehreren Parkplätzen, Bungalows und noch einiges mehr. Hoch über der Stadt bietet diese Hotel einen wunderschönen Ausblick über Abidjans-Altstadt, hinüber zur Lagune und dem Atlantik. Später bummeln wir über den Markt, sitzen im Park-Hotel und bringen unseren defekten Fotokamera zur Reparatur. Auch hier haben wir Glück die Dame aus dem Labor ist Deutsche. Dem Parkhotel gegenüber ist ein Souveniermarkt. In der Hauptsache werden Elfenbein- und Holzschnitzereien angeboten. Ohne etwas kaufen zu wollen, feilschen wir mit den Händlern und durchstöbern riesige Kisten. Es macht uns großen Spaß. Am Nachmittag klagt Manfred über heftige Kopfschmerzen, die plötzlich aus heiterem Himmel eintreten. Sie werden so heftig, daß wir bald eine geeigneten Schlafplatz suchen und ihn neben dem d'Ivoire-Hotel finden. Gegen Abend hat Manfred 38,9 Fieber und dazu noch Bauchschmerzen. Zuvor klagte er über leichten Schüttelfrost. Hoffentlich war es keine Malaria, aber alle Anzeichen sprachen dafür. Wir konnten heute nicht viel unternehmen. Nächsten morgen werden wir zur Mercedes-Werkstatt fahren. Sollte es Manfred nicht besser gehen, kann uns Herr Oldenburg zu einem Arzt bringen. Diese Nacht verbringen wir fast ohne Schlaf.
20.11.1974 Manfred läuft der Schweiß nur so vom Körper. Alles ist durchgeschwitzt. Am Morgen ist die Temperatur auf 39,4 gestiegen. Trotzdem fährt er mit dem Max durch die Stadt zur Werkstatt. Es macht ihm sehr viel Mühe und manchmal habe ich Angst, da der Wagen ins Schwimmen kommt oder Bürgersteige mitnimmt. Nur jetzt keinen Unfall. Nach einer mir endlos erscheinenden Zeit erreichen wir endlich die 15 km entfernte Werkstatt und suchen uns ein schattiges Plätzchen, da gerade Mittagspause ist. von 12 - 15 Uhr wird nicht gearbeitet. Essen kann Manfred nichts, ihm ist schwindelig und sehr schlecht. Völlig erledigt und apathisch liegt er im Wagen. Wir können im Moment nichts unternehmen und warten auf Herrn Oldenburg. Ich setze mich in sein Büro, um auf ihn zu warten, doch in der Zwischenzeit wird Manfred, d. h. besser unser Max, bereits von ihm entdeckt. Wir stehen nicht weit von seinem Haus entfernt.
Das Fieber ist inzwischen auf 40 Grad angestiegen. Sofort fahren wir zu einem Arzt. Der vermutet Lungenentzündung, verschreibt aber trotzdem auch Präparate gegen Malaria. 15 Dollar für die Konsultation und 10 DM für die Medikamente. Uns ist es egal, hauptsache Manfred wird wieder gesund. Als wir zurückkommen, bietet uns Herr Oldenburg an, in seinem klimatisierten Schlafzimmer zu übernachten. Wir nehmen dankbar an, Manfred ist aber nicht mehr fähig, den Max zu fahren. Herr Oldenburg rangiert uns in seinen Carport. Zusätzlich zu den Medikamenten des Arztes nimmt Manfred noch Penicillin aus unserer Reiseapotheke und fühlt sich danach wesentlich besser. Das Schwitzen läßt aber noch nicht nach. Alle Betten sind klatschnaß.
21.11.1974 Am kommenden Tag hat er sogar etwas Appetit und, Gott sei Dank, das Fieber sinkt. Gegen Abend hat er sogar Untertemperatur. Er fühlt sich schon beinahe wieder gesund, aber äußerst schwach. Ich habe Zeit, um alles zu waschen und wieder auf Vordermann zu bringen. Das Badezimmer Herrn Oldenburg kommt mir sehr gelegen.
22.11.1974 Heute steht Manfred sogar bereits wieder auf. Der Boy von Herrn Oldenburgs wäscht uns die Bettwäsche und wir wollen nicht länger das Schlafzimmr in Beschlag nehmen. Der Tag verläuft so gut, daß Manfred sogar zustimmt, am Abend einen Barbummel mitzumachen. Zu Viert, Herrn Oldenburgs Freundin ist mit von der Partie, eine Libanesin, durchstreifen wir Treichville und wieder schwelgt Manfred in Erinnerungen. Zuerst besuchen wir die ABC-Bar. Allgemeiner Treff der deutschen Seeleute. Natürlich fehlen die "Kohlensäcke' nicht. Gute Unterhaltung haben wir mit einigen Seeleuten von einem Hamburger Schiff. Später besuchen wir noch den Scotch-Club und eine weitere Bar. Es ist ein gelungener Abend. Diese Nacht verbringen wir bereits wieder in unserem Max und am nachsten Morgen bringt uns Herr Oldenburg zum Palm-Beach-Strand. Hier soll sich Manfred noch einige Tage von seinem Tiefschlag erholen. Das Palm-Beach-Hotel bietet uns Duschen und Toiletten sowie Schwimmbad. Des Nachts wacht über uns das Auge des Nachtwächters. Wir sind sehr zufrieden. 24.11.1974 Mein Geburtstag. Manfred verwöhnt mich wie nie zuvor. Wir "feiern" im Palm-Beach. Das 1. Mal, daß ich an meinem Geburtstag bade und unter Palmen am nahegelegenen Meer spazierengehe. Es ist wunderschön. Zu Mittag lassen wir uns Langusten und Shrimps schmecken, der Rotwein rundet das Menü ab. Auch am Nachmittag sind wir nicht aus dem Bad zu bekommen. Nie waren die Ananas-Früchte so billig, wie hier am Strand. Ganze 25 Pf. das Stück. Bereits geschält und mundgerecht zugeschnitten. Wir essen soviel, bis uns schlecht wird. Auch Cocosnüsse werden hier billig angeboten, wir machen uns aber nicht so sehr viel daraus. Z. z. ist hier die "kleine Regenzeit". Von ihrer Existens hatten wir zuvor nie etwas gewußt, aber so ist das oft. Erst an Ort und Stelle erfährt man solche Sachen, obwohl man sich wochen- oder monatelang auf etwas vorbereitet. Mindestens 1 x gießt es so in Strömen, daß man binnen weniger Sekunden bis auf die Haut durchnäßt ist. Wir haben noch Glück, denn meistens kommt nachts die feuchte Dusche. So schwül, wie hier in Abidjan hatten wir es nie zuvor erlebt. Die Wüste war angenehm dagegen. Als wir bei Herrn Oldenburg waren, lief mir vom Nichtstun der Schweiß in Strömen am Körper herunter. Ich sah immer aus, als ob ich gerade der Badewanne entsteigen würde. Hier am Strand ist es durch den Wind etwas angenehmer oder die nächtlichen Regenschauer bringen ebenfalls etwas Abkühlung, was natürlich relativ ist. Vielleicht fällt das Thermometer von 58° auf 33°. Für uns bereits sehr spürbar. Wenn zu den Regenschauern noch ein Gewitter auftritt, begrüssen wir es als willkommene Abwechselung und freuen uns über. das Natürschauspiel. An diesem Abend machen wir die Bekanntschaft von 4 Deutschen, 2 Geologen und 2 Piloten. Sie werden morgen die Elfenbeinküste Richtung Deutschland verlassen und wir geben ihnen einen Teil unserer Filme mit. 5 unserer Agfa-Dia-Filme haben wir in Abidjan entwickeln lassen, um zu sehen, wie sie geworden sind. DM 50,-- umgerechnet haben wir für Entwicklung und Rahmung bezahlt. Trotzdem freuen wir uns über den Erfolg. Die kaputte Kamera bekamen wir allerdings unrepariert wieder zurück, da dem Techniker der entsprechende Spezialschlüssel fehlte, um sie zu öffnen. Manfred nahm sich daraufhin selbst den Apparat vor und mit Messer und Schraubenzieher reparierte er sich die Filmkamera selbst. Wir hoffen dass alles richtig ist. DM 75,-- haben wir dadurch gespart.
25.11.1974 Morgen früh soll der Max endgültig in die Mercedes-Werkstatt um sich einer Kontrolle zu unterziehen. Schäden haben wir keine aber wir setzen die Fahrt mit einem sicheren Gefühl fort, wenn wir wissen, daß alle Schrauben fest, die Bremsen i.Ordnung und der Wagen abgeschmiert ist. Wir kaufen eine Ersatzölwanne, falls wir nochmals in Schwierig-
keiten geraten sollten. Fur insgesamt DM 100,-- haben wir später
die Gewissheit, daß alles i. O. ist. Einen Stoßdämpfer hat es eben-
falls gekostet, wir lassen ihn aber nicht erneuern. Nach deutschen
Verhältnissen wäre die Arbeit nach 2 Stunden fertig gewesen. Hier
in Afrika kennt man keine Schnelligkeit und Gewissenhaftigkeit.
Von morgens um 8 Uhr bis nachmittags 16 Uhr wurde am Max gearbeitet und Manfred beobachtete, wie ein 'Arbeiter 3/4 Stunde brauchte, nur um einen entsprechenden Werkzeugschlüssel zu besorgen.
Die Mittagspause verbrachten wir ein letztes Mal bei Herrn Olden-
burg, danach große Verabschiedung. Ebenfalls von den deutschen Kollegen bei Mercedes. Ein letztes Mal fuhren wir zum "Plateau", dem Centrum von Abidjan, um Einkäufe zu machen. Den Abend und die Nacht wollten wir noch mal in aller Ruhe am Strand Palm Beach verbringen und morgen früh die Reise fortsetzen. Als wir wieder hinaus kamen, staunten wir nicht schlecht, Edi und Mariella dort zu finden. Trotzdem Abidjan eine Stadt von 360.000 Einwohnern ist und Großstadtcharakter hat, gibt es für Touristen unserer Art immer fast nur einen Platz, wo man sich trifft. Campingplatz oder Strand.
Auch wenn der Strand sehr groß ist, wie hier, sucht man sich immer das schönste Fleckchen aus. Da es alle so halten, ist ein Zusammentreffen, sobald es in die gleiche Zeit fällt, von vornherein garantiert. Viel hatten wir zu erzählen und zu berichten. Von Niamey bis hier hatte sich natürlich auf beiden Seiten eine ganze Menge ereignet. Den Abend verbrachten wir nochmals bei einem guten Essen mit Krebsen und sonstigem Erlesenen, in Gesellschaft, der 2 Geologe und Edi und Mariella. Erst spät am Abend kamen wir zum Schlafen und kurz darauf brach nochmals in sintflutartiger Regen los, daß wir diesmal in klammen und feuchten Betten schlafen mußten. Die Schwüle ließ trotz des Regens diesmal nicht nach. Früh am nächster Morgen fuhren wir weiter, den gleichen Weg zurück, den wir gekommen waren. Viel Spaß hatten wir an unsere Erinnerung mit den Bananen, als wir die riesigen Plantagen wieder durchkreuzten. Am Strassenrand sahen wir immer wieder Leute aus dem Wald kommen, mit großen Banansenstauden auf den Köpfen. Nun, warum sollten wir kaufen, wenn der Wald alles hergab. Ich feuerte Manfred an, doch auch eine Staude zu "ernten", wenn wir eine günstige Position ausmachen würden. Da fuhren wir so ohne Gedanken und sahen mitten auf der
Strasse eine Staude liegen. Kurz wurde beraten und dann die Staude eingeladen. Zwar hatte Manfred ein schlechtes Gewissen, da sie von irgemd jemanden zum Abtransport bereitgelegt warden war, aber die Plantage war so groß, daß es auf die eine Staude bestimmt nicht ankam. Wir sparten dadurch die Arbeit des Abnehmens. Den ganzen Mittelgang unseres Autos füllte die Bananenstaude aus und nie zuvor hatten wir so schöne große gesehen. Zwar waren sie noch alle grün, aber alle wurden hier grün geerntet und wir konnten warten. Sehr stolz waren wir auf unseren Fang. Erst als wir in Abidjan waren, wurden wir aufgeklärt, daß es sich um die sogenannten "Schweinebananen" handelte. Zum Essen waren sie gänzlich ungeeignet, dafür nimmt man nur die kleinen. Unsere werden zu Futu-Futu verwendet, d. h. man stampft sie zu einem Brei, gibt Mais hinzu und Pilli Pilli ein scharfes Gewürz und das ganze wird gebacken. Auch in kleine Scheiben geschnitten und geröstet ergibt es eine Art Essen gleich unserer hiesigen
Brartoffel. 90 Bananen waren es insgesamt und wir wurden über
unsere Unkenntnis entsprechend ausgelacht. Nun sind wir bananengeschult und können auch nur noch darüber lachen. Diesmal fotografieren wir die Moschee in Agnibilekrou. Sie ist uns bereits auf der Hinfahrt aufgefallen. Es ist ein Bauwerk wie aus einer Zuckerbäckerei, weißer Anstrich, nicht so groß wie diejenigen im Orient dafür ein Baustil wie Filigran. Auch hier haben wir wieder das Glück, schwarz Cedis zu bekommen und bald darauf haben wir die Grenzen hinter uns. Da es noch sehr weit bis zur nächsten Stadt
ist, beschließen wir, mitten im Urwald zu übernachten. Wir fin-
den etwas abseits vom Weg eine kleine Schneise. Doch ein Ver-
stecken gibt es hier nicht. Diesmal machen uns ein paar Schul-
kinder ausfindig und wir werden entsprechend betrachtet. Sobald
die Dunkelheit hereinbricht, sind wir aber allein.
Dies gefällt uns so gut, daß wir auch die nächsten Tage auf der
Fahrt durch Ghana immer frei übernachten. Einmal in der Nähe
eins Dorfes, welches gerade ein Fest hatte. Die ganze Nacht
hören wir die Trommeln und das Tam Tam in nächster Nähe. Wir
freuen uns über jedes ruhige Plätzchen, das wir für die Nacht
ausfindig machen können. Es ist nicht immer einfach, unseren Max so zu verstecken, daß er nicht gleich gesehen werdem kann. Allzu weit wollen wir uns aber auch immer nicht von der Strasse entfernen. Fast keinen Morgen kommen wir vor 10 Uhr weg, obwohl die Moskitos dafür sorgen, daß wir bereiters am Abend unter unser Netz kriechen. Wahrscheinlich ist es die Schwüle, die uns nicht durch schlafen läßt und gegen Morgen, wenn es sich ein wenig abkühlt fallen wir dann in tiefen festen Schlaf. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit und dazu das eigene schwitzen, läßt die Betten überhaupt nicht mehr richtig zum Austrocknen kommen. Sie sind immer klamm.
Je weiter wir uns Accra nähern, desto besser werden die Strassen.
Einmal wollen wir einen Weg akürzen und schließen uns einer
Wagenkolonne an, die zwar eine andere Strasse benutzt, jedoch die Richtung beibehält. Wir fahren und fahren und unversehens haben wir kein Auto mehr vor uns. Eine kleine Unterführung hat sie
unseren Blicken entzogen und nun stehen wir davor und wissen
nicht, ob unser Max hindurchpaßt. Eine Wendemöglichkeit ist
auch äußerst fraglich. Ich steige aus und Manfred fährt im Zeit-
lupentempe auf die Unterführung zu. Keine 5 cm niedriger
durfte sie sein und unser Max wäre hängengeblieben. Wir sind
heilfroh. Accra lassen wir rechts liegen und steuern der Togogrenze zu. Als wir sie erreichen, sind wir wieder direkt am Atlantik. Schwierigkeiten gibt es hier nicht. Einige Grenzbeamte
sprechen sogar deutsch. Togo,als ehemalige deutsche Kolonie,
wird die deutsche Sprache auch noch sehr gepflegt. Es gibt eini-
ge Schulen, die sie als 2. Sprache lehren. Gleich hinter der Grenze
beginnt auch schon die Hauptstadt, Lome. Ganz im Gegensatz zu
Abidjan, glaubt man, in einer afrikanischen Provinzstadt zu sein
Sehr eindrucksvoll die gotische Kathedrale inmitten der Stadt, die aber nicht richtig in das afrikanische Bild paßt. Außer 2 Hochhäusern, die vielleicht die Verkörperung der Hauptstadt sind, Lome hat 140900 Einwohner, durchfahren wir nur Straßen mit höchstens einstöckigen Bauten oder Wege wo wir von einem Schlagloch ins andere kommen. Die einzig gute Strasse führt am
Strand entlang. Das ganze 40 km breite Land Togo ist von einem
wunderschönen Palmenstrangd begrenzt. Kurz vor dem Hafen das
deutsche Seemanesheim, geleitet von Pastor Liebig. Ein wunder-
schönes Plätzchen mit Bibliothek, Bar, Duachräumen, Swimming-
pool, Palmengarten und genügend Parkplätzen. Inmitten dieser
Anlage ein Restaurant "Alt München", wo man ausgiebig und treu
deutsch sich alles schmecken lassen kann, was der deutsche
Gaumen begehrt. Die Preise sind den deutschen Verhältnissen
angepasst. Einige Wüstenfahrer finden wir hier vor, u. a. die
beiden Heilbronner Wagen, die bei Jo-Jo bereits seit 14 Tagen auf
ein Ersatzteil warteten. Als sie wieder fahrtüchtig waren, sind
sie über Niamey und Togo nach Lome gekommen, als "Anhalter"
Volker und Brigitte dabei. Die 4 Nürnberger hatten ihren Wagen
in Niamey, wie geplant, verkaufen können, für umgerechnet
DM 2500,--. Wir freuten uns, sie wiederzusehen. Auch wurden wir
bei dieser Gelegenheit alle von Volker mitgenommenen Sachen los.
Volker hatte uns eine Adresse in Lome genannt, und durch den
Seemannspastor hatten wir sofort Kontakt aufgenommen.
Am Abend kam Dr. Leitritz vorbei. Er. ist in Lome im Entwicklungsdienst als Kinderarzt tätig.
Zum Sonntag lud er uns alle zum Frühstück. ein, es war der 1. Advent. Nie zuvor hatten wir ein so ausgezeichnetes Frühstück gehabt. Ansohließend fuhren wir zum Segeln und Surften auf den Togosee. Das war eine feine Sache, für uns ein richtiger Urlaubstag. Manfred stand das 1. Mal auf einem Surftbrett und kam noch nicht ganz klar. Trotzdem gab er nicht auf und versuchte es immer wieder, wie ein Stehaufmännchen. Wir hatten unseren Spass. Abends bekamen wir Gelegenheit, die bereits entwickelten Filme durch einen Diaprojektor zu betrachten. Alle waren begeistert. Die Zeit in Lome war so schön, daß wir nach den geplanten 3 Tagen Aufenthalt noch lange nicht an Weiterfahrt dachten. Mit Carl und Beate aus Hamm sie machten die Reise umgekehrt, sie kamen gerade aus Zaire und wollen jetzt durch die Sahara, hatten wir viel Spaß und guten Kontakt. Wir faulenzten, brachten den Max wieder etwas auf Vordermann und vor allem nahmen wir uns die völlig verölte Blechkiste auf dem Dach vor. Seit der Wüste wissen wir, daß 5 Liter Öl ausgelaufen sind, aber immer wieder schoben wirdas unangenehme Saubermachen hinaus. Nun war es so weit und ganz gespannt sahen wir uns die Sachen an, die entweder völlig unbrauchbar oder noch zu retten waren. Zum Glück blieben die Kleidungsstücke im großen und ganzen verschont, aber Manfreds neue Winterschuhe mußten wir entsorgen. Sehr froh waren wir, genug Lumpen dabei zu haben. Obwohl wir sie sofort völlig von Öl durchtränkt wegwarfen, wurden sie von den Schwarzen, natürlich alles andere auch, eifrigst eingesammelt und in Sicherheit gebracht. Sie können alles verwerten. Wir atmeten erleichtert auf, als diese Arbeit getan war. Auch einige Ersatzteile mußten dran glauben. Schwund ist überall. Ansonsten habe ich in den Lome-Tagen viel Post erledigt, denn sicher warteten bereits viele auf ein Lebenszeichen von uns. Viel Bier wurde in dieser Zeit verkomsumiert. Das Glas nur DM 0,40. Des abends war es immer sehr lustig und gemütlich, denn z. Z. lagen einige deutsche Schiffe im Hafen und die Besatzung verbrachte ihre freie Zeit hier im Seemannsheim.
Nicht selten plauderten wir bis 3 Uhr morgens, eine Runde nach der anderen wurde geschmissen. Mit von der Partie waren die
Wüstenfüchse aus Heilbronn, Blacky, Lorchi und Volker, Carl und
Beate, 2 Schmetterlingsfänger, ebenfalls aus Deutschland, manchmal Volker und Brigitte und der Problemfall Halligalli aus Hamburg. Seinen richtigen Namen wußte keiner, nur seine Geschichte kannte jeder. Mit 800 DM in der Tasche wollte er die Welt erobern, fuhr zu den Kanarischen Inseln, kam irgendwie nach Dakar und von hier trampte er bis Lome. Seit einigen Wochen keinen roten Heller mehr in der Tasche. Von dem deutschen Pastor wurde ihm berichtet und auf ihn setzte er alle Hoffnung, daß er ihn vielleicht anstellen könnte. Der Pastor durchschaute ihn aber sofort
und lehnte ab, ihm zu helfen. Der junge Mann war nicht nur leichtsinnig, sondern auch höchstgradig arbeitsscheu. Manfred kann Leute, die auf Kosten anderer leben, sowieso nicht ausstehen und ließ ihn das auch entsprechend fühlen. Sie hatten sich immer in den Haaren. Wir überredeten ihn dann, zur deutschen Botschaft zu gehen, wo man ihm auch ein tägliches Taschengeld offerierte und einen Heimflug garantierte. Mit Beate und Carl badeten wir badeten wir öfters am Strand, ärgerten die kleinen Krebse und sammelten Muscheln. Es war wirklich eine schöne Zeit, an die wir noch lange zurückdenken
werden. Gekrönt wurde der ganze Aufenthalt noch durch die vielen deutschen Sachen, die man beim deutschen Metzger Marox zu kaufen bekam. Leberkäse nach hausmacher Art. Fleischwurst, Schmalz, und vieles mehr. Wir hätten es hier durchaus noch länger ausgehalten, aber einmal muß man eben wieder weiter und da sich Carl und Beate auch dazu entschlossen hatten, war es am Donnerstag den 5.12.1974 dann so weit.
Zuvor mußten wir unsere Visa für Nigeria und Zaire noch verlängern lassen, denn durch die nicht vorher geplante Reise zur Elfenbeinkiiste war der ganze Zeitplan durcheinandergeraten. Trotzdem man uns viel Angst infolge Schwierigkeiten auf der nigerianischen Botschaft machte, bekamen wir das Visum innerhalb eines Tages.
Für Zaire wurden wir nach Bangui verwiesen. Auch gut, dachten
Da wir über Kamerun unterschiedliche Meinungen hörten, lt. ADAC
benötigten wir keines, besorgten wir uns auch dieses hier. Nun
waren wir wieder gut ausgerüstet und konnten die Fahrt beruhigend
fortsetzen. Zuvor machte Manfred noch mit einem Zwiebeldoktor
den Tausch seines Lebens: Für 6 Kodak-Filme tauschte er Trockengemüse eine Margarine-Tuben und ein paar Büchsen Eintopf sowie Rotwurst. Hier in Togo kostet ein Film DM 20,--. Auch wenn wir die Filme verbilligt bekommen haben, ist das Tauschgeschäft nicht gerechtfertigt. Es gab einen machtigen Krach.
Nachdem wir feststellten, daß beim Pastor das Frühstück sehr
reichhaltig und billig war, ließen wir es uns dies immer servieren. Für 2,70 CFR bekamen wir: Marmelade, Butter, Käse, Wurst, 1 Ei, Brot und.nach Wunsch Kaffee, Tee oder Milch, Unser Mittag- bzw. Abendessen nahmen wir regelmäßig im Restaurant Senegalaise ein. Es war das billigste Lokal in Lome, was wir auftreiben konnten und dazu noch sehr sauber. Steak mit Pompfrites 1,50 CFR, Ragout mit Nudeln oder Reis 100 CPR, 1/4 Hühnchen mit Pompfrites 225 CFR. 1 gr. Flasche Bier 0,70. CER. Soviel Bier wie hier haben wir in unserem ganzen Leben nicht getrunken.
Eines abends hatte Manfred sogar einen Bierschwips.
5.12.74 Es war Donnerstag, der Tag unserer Weiterfahrt.
Auf der Fahrt von Lome nach Dahomey kommt man durch weite Kokospalmenhaine, an deren Rändern eine fast Ununterbrochene Kette von Fischerhütten stehen. Die Wände der Hütten bestehen aus Bastmatte die Dächer aus Palmblättern. Die Strasse führt parallel zum Strand. Bereits nach 34 km sind wir an der Grenze. Auch hier eine ziemlich zügige Abfertigung. Als nächste Stadt besuchen wir Quidah. wir besichtigen den Schlangentempel, höchstes Heiligtum der Fetischisten. Mindestens 20 Pythonschlangen lagen verstreut in Käfigen herum. Ein ".Bimbo " brachte uns eine Schlange und ich ließ mich mit ihr in der Hand fotografieren. Weiter durchfuhren wir die Hauptstrasse; in der noch viel alte HandeIshäuser äus der Sklavenzeit erhalten sind. Bald darauf erreichen wir Coutounou. hier haben wir die Adresse eines Wasserbauingenieurs, der uns in Lome besuchte, aber wir trafen ihn nicht an. Als wir gerade an der. Strandpromenade beim Mittagessen sind, gesellt sich ein schweizer Pärchen mit einem Renoult 4 zu uns. Auch sie hatten die Sahara durchquert, haben jetzt als Ziel Dakar und wollen weiter ohne Wagen bis Amerika. Gemeinsam machen wir am Meer ein schönes Plätzchen inmitten von Cocospalmen aus Ganz nahe ist der Strand und ich kundschafte die Gegend aus. Die Schweizer beschließen, hier zu übernachten und wir versprechen, nachdem wir unseren Besuch gemacht haben, ebenfalls hierher zu kommen Zu zweit kann man es schon wagen, obwohl wir immer Wieder gehört hatten, daß am Strandviel gestohlen wird. Den Abend verbrachten wir in sehr netter Gesellschaft bei Fam. Springer. Dort lernten wir noch eine Familie
kennen, die ebenfalls zu Besuch kam. Bis 24 Uhr blieben wir hatten gut zu Abend gegessen und andere Annehmlichkeiten auskosten können, fuhren dann, da Springers direkt an der Hauptstraße wohnten, zu den Schweizern an den Strand. Obwohl uns Springers nochmals warnten, dass dort viel gestohlen und einbebrochen wird. Ziemlich müde ließen wir alle sonstigen Vorsichtsmaßnahmen außer acht, U. a. blieb in dieser Nacht Manfreds Tasche mit allen Reisepässen, Geld, Wagenpäpieren usw. im Fahrhaus. Nachts wurde ich einmel wach und weckte Manfred, da ich irgendein Geräusch vernommen hatte. Er meinte aber nur, ach das werden ein paar neugierige Schwarze sein. Ein Nachsehen hielt er nicht für nötig. Nikolaustag. Uns erwartete eine schöne Bescherung. Das Seitenfenster neben der Frontscheibe war mit einer Rasierklinge fein säuberlich herausgetrennt und alles nur möglich erreichbare ist entwendet worden. Wir konnten es kaum glauben, zumal wir im Wagen schliefen und hinten die Tür weit offen hatten. Auch die Scheibe hatten sie mitgehen lassen. Es fehlten die Rollei-Kamera, meine gute Sonnenbrille, Manfred sämtlicher Tascheninhalt, Wie Brieftasche, Portemonnaie mit 40 DolIar, Zigarettenetui, Adressbuch
Taschenmesser und ebenfalls unsere wichtigste Landkarte von Zaire bis Süd-Afrika. Außerdem die Polyglott Bücher meine Reiseberichte das Reiseadressbuch, ADAC-Führer und alle privaten Aufstellungen dieser Reise. Außerdem der roter Schlafsack,1 Kanister Öl und wir konnten es kaum glauben, ein Campingstuhl. Haargenau paßt dieser durch die Öffnung des Fensters, es hätte klappern müssen. Wir aber schliefen und träumten fest. Wir hatten es mit Profis tun, den Manfred Tasche, mit sämtlichen Reisepapieren, Reisepässen, Carnet des Passages, Impfzeugnissen, Kfz-Brief und -schein,- Blutgruppenkarte und die Unterlagen von Mercedes blieben zurück. Mein vorgeschriebener Reisebericht lag verstreut um den Wagen herum. Man will keine polizeiliche Untersuchung und wir das Land so schnell wie möglich verlassen. Obwohl wir eine polizeiliche Meldung machen, heben wir Eindruck, daß nicht viel unternommen wird, denn Einbruch und. Diebstahl sind hier an der Tagesordnung. Ganze Häuser werden z.T. ausgeräumt, obwohl bezahlte Nachtwächter davor wachen. Frau Springer war so freundlich, uns zu dolmetschen Wir erhielten
eine Verlustliste für unsere Versicherung. Das 1. Mal daß wir eine
schlechte Erfahrung machten, aber auch hier tröstete wir uns, Schwund ist überall. Zu Mittag waren wir nochmals bei Springers eingeladen. Anschließend suchten wir die Mercedes-Werkstatt auf, um die entwendete Scheibe zu erneuern.
Hoffentlich hatte man sie für unseren Wagentyp vorrätig,
Das Mittagessen bei Springers bestand aus in Butter gedünstete
Bananen, Curry-Reis und Seezungenfilet paniert und gerollt. Eine
Zusammenstellung, die wir nie für möglich hielten, es schmeckte
aber ausgezeichnet. Der Nachtisch bestand aus Mangofrüchten mit
Sahne. Später bei Herrn Strehlitzkas in der Werkstatt, er war Deutscher, wurde die Scheibe in der Glaserei nach der anderen angefertigt und die Gummirahmung wurde einem Wagen entnommen, der zufällig in der WerKstatt war. Wir waren heilfroh. Herr Strehlitzkas lud uns anschließend zum Abendessen ein und anschließend zum Schachspielen. Heute war sein Schachabend. Obwohl uns der Schreck immer noch ganz schön in den Gliedern saß, wurde es trotzdem ein sehr netter ,Abend. Bis Nachts um 3 Uhr waren wir bei Freunden Strehlitzkas. Als wir aufbrachen, zeigte uns Herr Strehlitzkas das Kreuz des Südens, welches wir bisher immer wieder vergeblich gesucht hatten. Es ist auch schwer zu erkennen. Wir waren glücklich. Gefrühstückt wurde nochmals dort, für uns ausgezeichnet, wie auf einer Schlemmerparty. Wir erfuhren, das Dahomey vor einer Woche einen Regierungsumbruch durchgemacht hatte und die Afrikanisierung hier in vollem Gange ist. Alle Betriebe, Banken, Firmen und Gesellschaften wurden verstaatlicht. Die bisherigen Eigentümer, auch Schwarze, durften weiter in ihrer Firma als Angestellte arbeiten.. Auch der Firma Gebr. Hansen, Mercedes Werksvertretung das einzige deutsche Unternehmen in Cotonou, stand nächste Woche der Besuch einer Delegation bevor. Keiner wußte, wie es weitergehen wird und was die Zukunft bringt. Fa. Strehlitzkas haben sich bereits damit abgefunden, vielleicht Weihnachten sogar in Deutschland zu verbringen, falls eine Ausreise notwendig wird. Das kann
hier von einem Tag auf den anderen passieren.
7.12.74 Obwohl wir eigentlich Grund genug hätten, das Land so schnell wie möglich zu verlassen, machten wir noch unseren geplanten Ausflug zum Pfahlbautendorf Ganvie, Zentrum der Fetischisten. Zuvor gab Manfred noch eine Sondereinlage . Zu lange waren wir nicht mehr durch Sand gefahren und das Schaufeln fehlte ihm wahrscheinlich. Nur um ein paar Meter zu Sparen, blieb er nicht auf der asphaltierten Hauptstrasse, sondern bog in ein'Nebengäßchen ein. Kurz darauf saßen wir auch bereits bis zur Hinterachse im Sand. Obwohl wir eifrige Helfer hatten, nutzte es alles nicht die
Sandbleche mußten heruntergeholt werden. Längst verblaßte Erinnrungen, als wir noch mitten in der Wiiste waren, wurden wirder wach.
Da man uns alle CFA geklaut hatte, ich besaß gerade noch
2000, und heute war Sonnabend, also die Banken geschlossen,
mußten wir uns nach dem Geld richten, und nicht danach, was uns
gefiel. Uns gefiel natürlich eine Fahrt mit dem Motorboot und
nicht in einer schmalen Piroge, wo man sich in 2 Stunden Fahrt.
den Po lahm saß, aber der Geldbeutel diktierte eine Piroge.
Mit wenig französisch handelten wir einen Preis von 500 CPA
pro Person aus. Dies erlasen wir auch aus der Preistafel. Die
Fahrt war wunderschön, alles Leben spielt sich hier auf dem _
Wasser ab. Tiefer als 1/2 bis 1 Meter ist der See nicht und
einmal saßen wir sogar auf. Wir sahen den Fischern zu, die hier
ein eigenartiges Fangsystem entwickelt hatten. Die Fischer stecken
belaubtes Astwerk in den Seeboden und stellt so eine Art kreis-
runde Reuse oder Zaun her. Da das Astwerk den Fischen Schutz
bietet, wird es sehr gern aufgesucht, dazu liefern die Blätter'
noch Nahrung. Nach etwa 3 Monaten wirft der Fischer ein großes
Netz über die ganze Reuse und erzielt somit einen ganz einträg-
lichen Fang. Als wir auf halben Weg waren, machte man uns klar
daß der ausgehandelte Preis nur bis zum Dorf sei, wollten wir
ins Dorf hinein, müßten wir nochmals bezahlen. Manchmal hilt es. .
sehr, daß wir nicht französisch sprechen können und so machen wir den Leuten nur klar, 3 Stunden waren es, daß sie unbedingt ins Dorf zu rudern hätten und gaben anschließend auch noch die Route selbst. an, wo wir hinwoliten. Natürlich hatten wir verstanden. über 2 Stunden wurden wir gerudert. 2 Mann ruderten, ein Junge schöpfte Wasser, denn dicht schien keine Piroge zu sein.
Das Dorf Ganvie mit ca. 10 000 Einwohnern-, inmitten
des Lac Nokoue„ ist eines der malerischsteni Dörfer aus Pfahl-
bauten, deren Strassen Wasserstrassen und deren Plätze Wasser-
flächen sind. Das Material der ziemlich dünnen Stämme, auf denen
die Häuser erbaut sind, liefert die Kokospalme. Als wir wieder
Festland unter den Füssen haben, gibt es die von uns bereits vor-
ausgesehene Aufregung. Nicht pro Person 500 sondern insgesamt.
1600 CFA wollte man von uns haben. Manfred schrie um sich, die
Leute schrien wieder und mich wollte ein junger Mann belehren
dass die Leute im Recht sind. Er führte mich zu der Preistafel,
aber ich verstand ihn nicht. Natürlich wollten unsere Ruderer und
der kleine Junge auch noch Cadeau haben, aber böse durch den Diebstahl gaben wir keinen Pfennig. Zum Schluß hatten wir es satt,
weiter zu streiten, drückten dem nächst;besten 1000 CFA in die
Hand und Manfred gab Gas und wir fuhren ab. Eine böse und schreiende Menschentraube hinter uns lassend. Wir mußten lachen, wenn wir an die aufgebrachten Gesichter dachten. Auch hatten wir diesmal die Genugtuung, nicht übers Ohr gehauen worden zu sein. Erst viel später erfuhren wir, daß es zwar stimmt, pro Person 500 CFA zu zahlen, aber nur, wenn mehr als 4 Personen in der Pirroge sind.
Da wir nur zu zweit waren, war ein Preis von 1600 CPA gesetzt und
das stand auch auf der Preistafel, aber durch unser schlechtes
französisch konnten wir es nicht lesen. Daher also der große Wirbel. Überhaupt sind wir böse auf die Schwarzen und Jofo-Cadeau gibt es bei uns nicht mehr.
Gleich darauf steuern wir die nigerianische Grenze an.
Viel Angst hatte man uns vorher gemacht, ohne "filzen" kommt man kaum hinüber. Das Geld muß deklariert werden und am besten "schmiert" man. Tatsächlich wurde von allen geschmiert.
Auch wir wurden von den 3 Beamten freundlich daran erinnert, daß
es hierüblich sei. "I like Dollar", teilte uns einer von ihnen mit da wir nur Dollar und DM deklariert hatten und Manfred meinte promt. Ich auch. Damit war der Fall erledigt und länger als alle anderen mußten wir auch nicht warten. Die Zöllner hatten sich hier einen ganz einträglichen Nebenverdienst gesichert. nur 1 Stunde dauerte der ganze Zollkram und wir waren wieder in einem englischsprechenden Land. Nicht einen Naira hatten wir, da man
uns an der Grenze schwarz nur für 1 Dollar 0,50 Naira geben wollte
Später auf der Bank erhielten wir 0,60 Naira. An diesem Tag fuhren
wir bis Abeokuta und übernachteten auf dem Gelände eines baptistischen Mädchen-College. Mrs. Mc Caller, die Leiterin, nahm uns herzlich auf, stellte uns ihren Eisschrank und die Toilette zur
Verfügung und freute sich sehr über die willkommene Abwechselung durch uns. Viel Pampelmusen und Papaia-Bäume standen auf dem Gelände und wir durften ernten, soviel wir wollten. Von diesem Tag an stellten wir unsere Leidenschaft für Pampelmusensaft fest, der es seither morgens, mittags und abends gab. Der halbe Wagen sah wie ein Obststand aus.
8.12.74 Nur von Pampelmusen allein können wir auch nicht leben, Brot, Eier und Tomaten fehlten uns. Wir hatten keinen einzigen Naira und heute war Sonntag. Nachdem wir uns durchgefragt hatten, schilderte man uns ein italienisches Camp, wo man uns das Geld tauschen würde, wir verfehlten es aber, kamen stattdessen an eine Nervenheilanstalt. Hier arbeitet eine deutsche Ärztin, Frau Dr. Schönberg. Sie lud uns ein, tauschte uns auch DM 50,-- und zeigte uns eine wunderschöne Sammlung einmaliger nigerianischer Kunstwerke, die sie selbst erworben hatte. Auch hatte sie einige Stoffe und erläuterte uns die Technik der nigerienischen Färberei mit Indigo.
Durch zusammenrollen des Stoffes, gleichmäßiges Einnähen oder
Falten erzielt man die verschiedensten Muster. Im Garten hatte sie
sogar Orchideen, aber sie blühten leider nicht. Es war eine nette
Unterhaltung, aber wir wollten weiter und. steuerten. bald darauf
Benin-City an. Wir sind immer wieder überrascht, in welchen klei-
nen oder grösseren Städten und in welchen Berufen wir hier in
Afrika auf Deutsche treffen und nicht immer sind es Entwick-
-lungshelfer. Frau Dr. Schönberg gefällt es so gut, daß sie nie
mehr nach Deutschland zurück will. Der Übergang von Dahomey nach
Nigeria ist sehr beeindruckend, denn unversehens befindet man .
sich in dem dichtbevölkertsten Land Afrikas. Gleich Indien
sind die Strassen hier vollgestopft von Menschen, man könnte es
mit einem Rummelplatz bei uns vergleichen. Aber die Leute sind
sehr aufgeschlossen und hilfsbereit. Gebettelt wird. hier nicht.
Da man uns die reinsten Schauermärchen über Lagos,erzählt hat,
beschließen wir, die Stadt zu umfahren, denn Sehenswertes gibt
es dort auch nicht. Einen 2. Diebstahl wollen wir nicht riskieren
und die Verkehrsverhältnisse schilderte man uns als katastrophal.
So umfahren wir die Hauptstadt des Landes und finden ausgezeichnete Strassenverhältnisse vor. Lange dauert diese Herrlichkeit nicht. Je weiter wir uns nach Osten fortsetzen desto mehr Schlagöcher gibt es und lassen unseren Max oft schwer ächzen und aufschlagen. Kurz vor Benin-City macht es nach einer unvorhergesehenen Bodenwelle ganz einfach "klack" und eine der vorderen Blattfedern ist gebrochen. Auf der Fahrt waren die Brücken am kriminellsten. Kleine Plattformen, ohne Geländer und nur für ein Fahrzeug geschaffen. Der Gegenverkehr muß immer warten. An jeder dieser Brücken liegen meistens 3-4 Wagen im Graben, hauptsächlich Lkw's. Die Technik bei Brückenüberfahrten der negirianiscbe Lastfahrer ist diese: Nähert man sich einer Brücke, wird die Geschwindigkeit beschleunigt, es wird aufgeblendet und man fährt ohne Rückäicht darauf los. Auf Gegenverkehr wird:keine Rücksicht genommen und da dieser sich genau so verhält, ist.der Graben die Endstation. Auch ansonsten konnten wir nicht die beste Erfahrungen mit den Berufsfahrern machen. Einma brachte Manfred den Wagen zum Stehen., um nicht in ein großes Loch hineinfahren müssen und erst im letzten Augenblick zog auch der Lkw-Fahrer sein Steuer herum, Diese Fahrt war ziemlich nervenaufreibend,
Nun, in Benin-City mußte wieder einmal eine Werkstatt aufgesucht
werden.
Wir erfuhren, daß der Manager des größten Hotels hier ein Deutscher ist und so übernachteten wir auf dem Gelände. Er konnte uns bestimmt sagen, wo wir die Werkstatt finden konnten. Unsere Naira hatten wir ebenfalls fast ausgegeben und müßten uns um neue kümmern. Manfred erspähte, einen Deutschen in der Hotel-Bar, der uns auch gleich DM 50,--tauschte und uns anschließend zu einem Drink einlud.
9.12.74 Am nächsten Morgen erklärt uns Herr Need, der Hotel-Manager, den Weg zu Leventis, der hiesigen Mercedes-Werkstatt. Für 23 Naira, erhalten wir unsere Ersatzfeder = DM 100,-- und bekamen hier noch 20 % Rabatt. Zudem konnten wir froh sein, daß das Blatt unseres Wagentypes überhaupt am Lager war. Nigeria ist im Gegensatz zu den übrigen bereits teueren westafrikanischen Ländern das teuerste.
1 Zwiebel = 0,10 DM, 1 Tomate das gleiche. 1 Brot 1 DM. Aber der
Diesel ist billig, 1 Liter 8 Kobo = 0,35 DM. Wir kommen leider nicht zum schwarz tauschen, da wir unglücklicherweise entweder am
Wochenende das Geld brauchen oder aber, wie in der Werkstatt, sofort bezahlen müssen, ohne uns vorher nach Schwarztauschern umsehen zu können, Ganze DM 100,-- gehen uns dadurch verloren. Noch heute erreichen wir Enegu, die frühere Hauptstadt des ehemaligen Biafra. Auch auf dieser Fahrt müssen wir wieder kriminelle Brückenüberfahrten in Kauf nehmen. Die Brücken sind hier erheblich länger und größer, doch die Fahrspur besteht nur aus zwei Nebeneinandergelegten Brettern. Manchmal sind auch diese nicht mehr vorhanden und man holpert ohne Geländer über die Querbalken. Landschaftlich bietet uns Nigeria nicht viel, es gibt für uns nichts neues zu sehen. Was uns jäh auffällt, ist die noch größere Bevölkerungsdichte Biafras zum übrigen Nigeria, heute Ost-Nigeria genannt. Wohin das Auge schaut, Menschen über Menschen. Was uns noch erstaunt, ist die Moderne europäische Kleidung. Keine Strohhütten mehr, sondern hübsche kleine Steinhäuser mit z. T. lustigem bunten Anstrich.
Bis Enegu ist die Strasse sehr gut und wir erreichen die Stadt bereits am späten Nachmittag, Nach alter Gewohnheit suchen wir uns das 1. Hotel am Platz aus. Diesmal ist es das "PRESIDENTIAL", auch wieder mit Swimmingpool, Duschen und Toiletten,. Manfred ist sofort bei der Säuberung. Trotzdem das Bier hier sehr teuer ist, 2 DM die Flasche, lassen wir es uns schmecken und mischen uns wieder unter das Volk. Mit den oberen 10000 sitzen wir im Garten des PRESIDENTIAL und genießen den Abend. Die Landschaft ist hierleicht hügelig und bietet den Augen etwas Abwechselung. Neben Bananen, wächst hier hauptsächlich der Cola-Strauch und die Njam-Wurzel die Kartoffeln und Mehl gleichzeitig ersetzt.
Sie ist das Grundnahrungsmittel überhaupt. Den bisherigen Cocospalmenwald gibt es hier nicht mehr.
10.12.74 Nachdem wir unsere Tanks wieder gefüllt haben, Ölwechsel machen ließen, auch das Öl ist hier äusserst billig, machen wir uns auf Richtung Cameroun-Grenze. Wieder haben wir eine sehr schlechte Strasse und Manfred geht es sehr an die Nerven. Obwohl wir extrem langsam fahren, ist es unvermeidlich, daß Max oft schwer aufsetzt. Viele Häuser weisen hier noch vom Biafra-Krieg, der 1970 beendet wurde, schwere Einschußstellen auf. Alle Brücken wurden gesprengt und wir fahren nur über Behelfsbrücken. Viele militärische Anlagen säumen die Strasse, heute vornehmlich von Polizeistationen besetzt. Ungefährl, 40 km hinter Enegu hören wir es scheppern und nun ist eine der hinteren Blattfedern gebrochen. Nur ganz langsam wagt es Manfred weiterzufahren, aber wir suchen nach einem geeigneten Platz, um die Blätter auszutauschen. Gleich 2 sind diesmal gebrochen. Die nächste Stadt ist weit, aber wir haben diesmal das Ersatzteil dabei. Zufällig erkennen wir das Schild einer Farm und nach Befragen erhalten wir die Erlaubnis, die Reparatur dort, vornehmen zu dürfen. Ein Blechdach bietet auch genügend Schatten und zu allem Glück bekommt Manfred noch 3 tüchtige Helfer, die sich von alleine anbieten und sogar noch Ahnung haben. Manfred gibt zuletzt nur noch die Anweisungen. Auch einen großen hydraulischen Wagenheber brachte man uns. Wie lange werden die anderen Federn noch halten und werden wir überhaupt weiter östlich noch Ersatz bekommen? Viele Fragen, die wir uns stellten. Mit Geld konnten wir uns nicht mehr Eerkenntlich zeigen, dä wir keine Kobos mehr hatten und verschenkten von Manfred 2 alte Hemden und meinen Anorak. Sie freuten sich sehr darüber. Dann bekommen wir ihre Adressen und versprechen zu schreiben. An diesem Tag erreichen wir Abakaliki. Im Garten einer katholischen Mission erhalten wir die Erlaubnis zum stehen und werden von den Schwestern und dem Vater zum Abendbrot und am nächsten Morgen auch zum Frühstück eingeladen. Echtes englisches Essen, wir lassen es uns schmecken. Die Schwestern sind sehr herzlich zu uns, wir haben Toilette und Bad und abends wollen sie uns mit Bridge unterhalten.
Wir müssen leider passen, da wir es nicht können. Alle interessieren sich sehr für unsere Reise und kümmern sich rührend um uns.
Als wir am nächsten Morgen Abschied nehmen, bekommen wir die "Bibel des modernen Menschen" mit auf den Weg. Eine der Schwestern zeichnete, uns eine Umgehungsstrasse auf, die sehr gut sein soll, da die Hauptstrasse einfach nicht zu befahren
Wir verfehlten jedoch die richtige Abzweigung und fuhren ca.
10 km quer durch den Busch auf einer der unmöglichsten Strassen,
die wir je befahren hatten. Gelber Lehmboden mit mehr Löchern, als geraden Ebenen, durchsetzt. Die Bezeichnung Strasse war hier wirklich nicht mehr angebracht. Dazu war wieder eine Feder von Max gebrochen. Wir waren fast am verzweifeln, als wir feststellen
mußten, daß wir hier nicht Weiterkommen und die ganze Strecke: zurückfahren müssen. Dann versuchten wir es auf der Hauptstrasse,aber nach 15 km meinte Manfred, daß dies seine Nerven nicht aushalten würden und wir kehrten auch hier wieder um. Nun fanden wir inmitten der Stadt die Abzweigung, die unsere Schwester meinte und hier hatten wir eine einigermaßen normale Strasse, jedoch nicht zu vergleichen mit unseren Verhältnissen. Die Hauptstrasse war asphaltiert, hatte aber so gut wie keinen Asphalt mehr aufzuweisen, dafür so viele Löcher, die immrr so gelagert waren, daß man auf jeden Fell immer mit einem Rad voll drin saß. Armer Max. Wie sollen wir blos weiterkommen. Nachdem wir zu Anfang auch noch erhebliche Schlaglöcher hatten, wurde die Straße allmählich besser
Gegen,12Uhr erreichten wir eine Brücke und davor standen mindestens 40-50 Autos. Die Strasse war blockiert. Viele Leute standen herum und diskutierten. Die Ursache war ein LKw, der genau vor der Brücke ein Rad verloren hatte und nun auf 3 Beinen stand. Da auch hier die Brücken immer nur die Breite eines Wagens haben, waren somit beide Richtungen versperrt. Uns war die Zeit gerade recht zum Mittagessen. Nach ca. 1 Stunde hatte man das Rad gefunden und wieder montiert, so daß der Wagen zurücksetzen konnte.
Weiter ging die Fahrt bis zu einen Fluß. Hier wußten wir, wird uns eine Fähre übersetzen. Als wir den Fluß erreichten; wieder
eine große Autoschlange. Seit 10 Uhr morgens sei die Fähre kaputt
und man arbeitet daran, erfuhren wir nach befragen. Jetzt war es
2 Uhr. um 1/2 3 Uhr hatte man den Schaden behoben und wir hatten Aussicht, noch heute übergesetzt zu werden. 2 Autos faßte die Fähre: für eine Überfahrt, beim 3. Mal waren wir dabei, nachdem
sich Manfred vorgemogelt hatte. 3 Naira = DM 12,-- nahm man uns
ab. Wir waren empört.. Aber die Weißen müssen immer mehr blechen, die haben eben Geld wie Heu und sind alle Kapitalisten. So die einhellige Meinung der Schwarzen. Eine ganz neue Strasse führte auf der anderen Seite des Flusses bis nach Ikom. Für Manfred die reinste Erholung. Als. wir Ikom erreichten, klagte Manfred über Kopfschmerzen. Obwohl es noch gar nicht so spät war, suchten wir sofort einen geeigneten Übernachtungsplatz und durften auf dem Hof eines .einheimischen Ehepaares
stehen. Zwar gefiel uns der Platz nach genauer Besichtigung doch
nicht so richtig und wir versuchten, zu entkommen, aber das ist
hier nicht so einfach. Mit dem Vorwand, noch tanken und etwas kau-
fen zu müssen, fuhren wir wieder ab, hatten aber an der nächsten
Kreuzung den Boy des Ehepaares hinter uns, der uns zielstrebig zur
Tankstelle führte und natürlich wieder zurück. Wir ergaben uns.
Hier, kurz vor der Grenze Camerouns versucht man wieder Geschäfte
zu machen. Diesmal mit dem Benzin und Diesel. Da in Nigeria ein
staatlicher Einheitspreis vorgeschrieben ist, der Liter Diesel
8 1/10 Kobo, hält man hier die Zapfsäulen bewußt leer und verkauft
den Saft aus Fässern. Da jeder auf das Benzin hier im "Fernen Osten"
angewiesen ist, ausserdem es immer noch billiger als in Cameroun
ist, werden die geforderten Preise gezahlt. 70 Kobo wolle man für
die Gallone haben, das war das doppelte, als vorgeschrieben. Wir
kehrten um und tankten an diesem Tag nicht. Zuerst wollten wir uns
bei den Einheimischen erkundigen. Ausserdem hatten wir genug Benzin
bis Duala wollten nur die letzten Naira verbrauchen. Manfred
Kopfschmerzen wurden immer schlimmer; jetzt ging es ihm so schlecht, daß er
sich unbedingt hinlegen mußte. Wir schafften gerade noch die Rück -
fahr zum Haus und dann lag er auch schon mit seinem 2. Fie-
beranfall. Innerhalb einer Stunde kletterte die Temperatur auf 40,3 Grad
Die schwarze Madam alarmierte einen Arzt, als ich ihr Manfreds Zu-
stand berichtete. Es war ein Holländer, der nebenan wohnte. Manfred
bekam 2 Spritzen. Eine Penicillin und eine gegen Malaria. Nach einer
Stunde war das Fieber bereits bis auf 36,4 gesunken. Klitschnaß.war
das ganze ganze Bett und sogar die Polster hatte er durchgeschwitzt.
Danach fiel Manfred in einen Erschöpfungsschlaf und auch das
freundliche Angebot des Doktors, die Nacht in seinem Haus zu verbrin-
gen; konnten wir nicht mehr annehmen. Manfred war zu fertig, und
auch nicht fähig, auch nur einen Schritt aus dem Wagen zu tun. Wir
versprachen, am nächsten Morgen zu kommen. Tatsächlich war Manfred
imstande, sogar den Wagen bis hinüber zum Nachbargrundstück zu
fahren. Den ganzen Tag lag er im Bett, hatte keinen Apnetit und
döste im Halbdünkel vor sich hin. Durch den hohen Wasserverlust infolge
des Schwitzens war er hinterher so schwach, daß er nur noch schlafen
mochte. Malaria, meinte der Doktor und auch das 1. Mal in Abidjan
war es Malaria und nicht eine Lungenentzündung, gewesen. Den ganzen
Tag hatte er gut geschlafen und abends schmiedete er bereits
Reisepläne für den nächsten Tag. Ich hielt das sehr verfrüht, aber
wir Müssen den nächsten Tag erst abwarten.
Wie auch beim 1. Mal hatte ich immer sehr viel nach einem Fie-
beranfall zu tun, denn sämtliche mit Manfred in Berührung ge-
kommenen Sachen mussten ausgewaschen werden, einschliesslich der
Betten und Polster. Auch nutzte ich diese Zeit, um den Wagen in-
nen gründlich zu überholen. Unsere Verpflegung übernahm die Frau
des Doktors und so kamen mir wieder einmal in den Genuß von uns
unbekannten Gerichten, die der schwarze Boy des Hauses zubereitete.
In der letzten Zeit hatten wir sehr viel die Gelegenheit, die afri-
kanische Küche mit leichtem europäischen Einschlag probieren zu
dürfen und waren sehr begeistert. Einiges wollten wir übernehmen.
Die ganze Nacht schlief Manfred sehr gut und am nächsten Morgen
fühlte er sich wieder fast o.k. Nun hielt ihn nichts mehr in Ikom. Die
Wäsche war getrocknet, unsere Vorräte aus der Speisekammer der Hollä
der aufgefrischt, vor allem Pampelmusen mussten her. Nach dem
Saft waren wir fast süchtig. Ein letztes Mal wurde bei Doktors aus-
giebig und reichhaltig gefrühstückt und ab ging die Post. --
Unsere Naira mussten wir noch vertanken und nach vielem Hin- und
Her bekamen wir die Gallone Diesel für 50 Kobos, der staatlicher Preis
war 40 Kobos. Der Liter kostete so umgerechnet etwa DM 0,65. --
Das letzte Stück Weg bis zur Kamerun-Grenze war ein verbreiteter.
Trampelpfad durch Busch- und Urwald mit z. T. tiefen Schlaglöchern.
Des öfteren glaubten wir, uns verfahren zu haben, da wir nicht
glauben konnten, dass das der richtige Weg zur Staatsgrenze sei. Vereinzelte
Dörfer zeugten davon, dass es doch Leben in dem Urwald gab. Verkehr
gab es so gut wie keinen. Nach ca. 3 Stunden ein Schlagbaum, 2
Häuser und dahinter eine Brücke, die Grenze. Die Abfertigung ging zügig
vonstatten, wir hatten die gewünschte Bankdeklaration, keine Souvenier,
es ist strengstens verboten, welche aus Nigeria auszuführen. Dann hin-
ter der Brücke die Kameroun-Grenze. Hier dauerte es etwas länger,
da die Herren Beamten gerade Mittagspause hatten. Auch wir, nutzten.
die Zeit zur gleichen Betätigung. Unsere Mittagsmahlzeiten bestan-
den hauptsächlich aus Reis oder Nudeln mit Jägersoße. Frühstücks-
fleisch oder Cornetbeef mt Ei und geschmorten "Schweine"-Bananen.
Diese ersetzten uns z. T. die Kartoffeln. Nach der Grenze war die
Strasse denn etwas besser, bis Mamphe konnte man sie sogar als
fast "sehr gut" bezeichnen. Natürlich nach afrikanischen Ver--
hältnissen. Zwar war, es keine Asphaltstrasse, nur belegter
Schotter (Laterit), aber schön breit und ohne Schlaglöcher. Die Land-
schaft war für unsere Augen sehr erholsam, viel Wald von zahlrei-
chen Flüssen und Seen unterbrochen. Den Strassenrand säumten unzäh-
lige Negerinnenen, die mit grossem Wasserschüsseln auf den Köpfen
ihren Dörfern zustrebten. Hier kennt man noch keine Zivilxisation,
weder fliessendes Wasser, Elektrizität u. dgl.
Bei der Durchfahrt eines kleinen Dörfchens stürmten
uns 2 Italiener entgegen. Seit gestern sitzen sie hier in Lehm-
hütten bei den Eingeborenen und warten auf irgendein Fahrzeug,
welches sie per Anhalter ein Stück weiter bringt. Durch die unge-
nügende Reinlichkeit sind sie mit Ausschlag übersät und wir haben
Erbarmen mit Ihnen. Wir sind der 1. Wagen, der seit 2 Tagen hier
passiert und so nehmen wir sie bis Mamphe mit. Auf der Febrt
überholen wir einige Watussi-Rinderherden, die majästätisch da-
hintrotten und sich durch nichts stören lassen. Manfred muss sehr
aufpassen, nicht mit ihren grossen Hörnern in Berühruag zu kommen,
was unserem "Max" mehr schaden würden, als den Rindviechern. Die
Dorfer bestehen hier vorwiegend aus Holz- und Wellblechhütten. Rund-
hütten aus Stroh oder Schilf sehen wir überhaupt nicht mehr. Die
Bevölkerung ist nett und bunt gekleidet und sogar in den kleinsten
und ärmlichsten Dörfern gibt es Schulen. Die Gebäude wie Schulen,
Häuptlingshaus oder dergleichen sind mit bunten Fratzen, verschie-
denen Zeichen, wohl Stammeszeichen und Tieren bemalt. Es sieht
sehr lustig aus.
In Mamphe übernachten wir auf dem Gelände einer Schule, die von
einem russischen Missionar geleitet wird. Viele kleine Negerlein
belagern und bestauen unseren "Max", als es jedoch anfängt, dunkel
zu werden, sind wir wie auf einen Schlag völlig allein. Unter uns,
im Tal,sehen wir vereinzelte Lagerfeuer und aus einem entfernten
Schulgebäude erklingen Melodien uns vertraute Weihnachtslieder. Es ist sehr
angenehm, hier zu stehen. Die Nacht bringt uns auch die ersehnte
Abkühlung und wir schlafen äusserst gut.
Den kommenden Tag wollen wir Duala erreichen, aber nach Mamphe
wird die Strasse wieder so schlecht, dass es nur sehr langsam vor sich
geht. Trotz Manfreds manchmal recht künstlerischer Umfahrversuche
der Schlaglöcher erhält unser "Max" doch recht empfindliche Schläge.
Hier gehen dann auch die beiden bisher noch verschonten Blatt-
federn in die Brüche. In Duala müssen wir wieder eirmal in die Werk-
statt, aber noch haben wir die Stadt nicht erreicht.
Unser Weg schlängelt sich z. T. in Serpentinen durch tiefsten
Urwald (Mangrovenwald) mit tiefen Schluchten, in denen sich
rauschende Wasserfälle in kleine Seen hinabstürzen. Diese Seen
sind immer umlagert von Wäscherinnen, die lustig ihre Lieder da-
hinträllern. Es ist ein Bild des Friedens. Nachdem wir die
hügelige Urwaldlardschaft verlassen haben, tun sich unvermittelt
riesige Bananen- und Kautschukplantagen vor uns auf. Danach durch-
fahren wir Ölpalmenplantagen riesigen Ausmaßes, wie
sie uns noch nie auf der Fahrt begegneten. Wir erfahren, dass diese
Plantagen unter deutscher Besetzung angelegt wurden. Kameroun war
bis 1916 ehemllge deutsche Kolonie. Noch heute sprechen hier
die Leute von dieser guten Zeit und sind stolz auf hive 'deutsche Vergangenheit.
Deutsch als Wahlfach in den Schulen ist noch immer beliebt.
Auch gibt es Häuptlinge im Urwald, die noch die deutsche
Sprache beherrschen.
Die Fahrt führt uns nun am Fusse des 4070 m hohen Mt. Cameroun entlang.
Nun ist es nicht mehr weit bis Duala. Wir freuen uns riesig.
Auch hier war Manfred bei seiner 1.Schiffsreise und kann seine Erinnerungen auffrischen.
Zwar ist die Strass wieder einmal äusserst schlecht. Mehr Schlaglöcher als
Asphalt, was die Fahrt sehr in die Länge zieht und für uns alles
andere als erquicklich ist, aber wir haben das Ziel DUALA vor Augen.
Es ist Wochenende. Wir wundern uns über die zahlreichen entgegen-
kommenden Wagen, fast ausschliesslich mit Europäern besetzt und er-
fahren später, dass alles nach Viktoria an den Badestrand von Duale
fährt. Dort verbringen auch Neckermänner und Schwarnow-Reisende ihren
Kameruun-Urlaub. Endlich sind wir in Duala. Eine uns endlos er-
scheinene Brücke bringt ums zum Stadtkern. Es ist Sonnabend, der
12.12.1974, 14:00 Uhr mittags. Kameraun-Francs haken wir natürlich
keine, auch hier sind am Wochenende alle Banken geschlossen. Auf
zum Seemannsheim. vielleicht sind Touristen dort. Nach einigem
Suchen und Fragen stehen wir endlich im Fayer de marine. Nicht
ein Camper, alles wimmelt voll von Seeleuten und den in Duala
ansässigen. Europaern. Das Seemannsheim ist die grosse Kontakt
stelle. uns gefällt es nicht so sehr, da wir unsere Erinnerungen
an das schöne Heim in Lome noch nicht verdrängen konnten.
Dieses ist hier wesentlich kleiner, kaum Platz für unseren Max
und nur ein Haupthaus. Lome hatte zahlreiche kleine Bungalow
als Umkleidekabine, Bibliothek, Verkaufsstände und eine Schule.
Besonders vermissen wir das schöne bayerische Restaurant.
Hier gibt es überhaupt nichts zu essen, nur belegte Brötchen zu kaufen,
solange der Vorrat reicht. Der kleine Parkplatz muss für "Gäste" re-
serviert bleiben, zu denen wir uns nun wirklich nicht zahlen wollen
und so quartieren wir uns "vor" dem Tor ein. Ohne einen Franc in der
Tasche stehen wir nun dort. Herr Kühl, Diakon und Pächter dieses
Heimes aus Kiel gewährt uns Credit und so kommen wir wenigsten an
das schöne kühle Bier und Brause. Ansonsten sind wir "verdammt"
zum Faulenzen, was uns nicht schwer fällt. Ein ostdeutsches Schiff
liegt gerade im Hafen und wir finden bei den netten Seeleuten aus
unserer ostdeutschen Heimat sofort Anschluß. Es wird ein sehr ange-
nehmer Tag. Auch Manfred ehemaliges Schiff liegt im Hafen, jedoch
nicht mehr unter deutscher Flagge und so ist die Besatzung eine
andere. Schade, zu gern hätte er seinen alten Kapitän
begrüsst. Abends wird ein Film gezeigt.
15.12. Sonntagmorgen. Manfred hat keinen rechten Appetit und auch
fast nicht geschlafen. Duala hat das tropischste Klima, was man sich
denken kann, feucht, schwül, heiß und die Luftfeuchtigkeit ist abso-
lut. Er fühlt sich zerschlagen, hat Magenbeschwerden. Bier ist das '
einzige, was ihn aufhorchen läßt und macht reichlich Gebrauch da-
von. Etwas trägt er zur Unterhaltung im Zusammensein mit den ost-
deutschen Seeleuten bei, doch sonst liegt er in seinem Liegestuhl
und döst vor sich hin. Wir dachten an eine leichte Magenverstimmungl
doch im Laufe des Tages verschlechtert sich sein Zustand. Der Druck
im Magern treä-Inaeccg nimmt zu und eine innere Nervosität be-
mächtigt sich seiner.
16.12. Es war wieder eine schlaflose Nacht für Manfred. Von Appe-
tit ist nun keine Rede mehr, aber ich meine, etwas muss er zu sich
nehmen. Doch sofort bringt er es wieder heraus. Es hat keinen Zweck
Das einzige sind Äpfel, worauf er Appetit hat und sie bekommen ihm
auch. Die Magenschmerzen nehmen auch heute immer mehr zu. Er
fühlt sich sehr geschwächt und äusserst elend. Sonst immer lebendie
und rege, liegt er jetzt da, wie ein Häufchen Unglück. Heute ist
Montag. Ich gehe zur Bank, Geld tauschen und danach zur Post. Ein
lang ersehnter Augenblick. Katastrophale Zustände auf dem Postamt
von Duala, jeder Schalter ist umlagert von einer Traube von mindestens
50 Menschen oder mehr. Ich frage mich durch und mein Schalter hat
die grösste Traube. Z Glück gibt es ein "Geländer", was wohl die
Aussenstehenden von der "Traube" trennen soll. Ich erklettere es und
über alle Köpfe hinweg schreie ich dem Postbeamten zu, dass ich
meine Briefe möchte und schmeisse ihm meinen Pass auf den Tisch. Die
Sache funktioniert und nach ein paar Augenblicken halte ich 5 Briefe,
2 Postkarten und 2 Badische Zeitungen in der Hand. Nun schnell nach
Hause und gierig durchlesen wir "unsere Post". Für Manfred ist es
auch etwas Abwechselung. Aus den Briefen geht hervor, dass noch mehr
Post für uns vorhanden sein müsste. Auch dieser Tag vergeht ohne
Essen für Manfred, ich habe für mich etwas gekocht und frisches Obst
und Gemüse eingekauft. Hier gibt es einen Supermarkt, in dem man
alles bekommt. Auch einen schönen grünen Reißverschluss
für meinen Hosenanzug.
17.12. Am nächsten Tag trabe ich also nochmnls zur Post. Der Weg von unserem
Heim zur Post führt zuerst hinunter zum Hafen, mir liegen auf einer
Anhöhe, dann vorbei am Hauptbahnhof und durch die Verkaufsstände eines
Marktes, auf dem man alles kaufen kann. Billig und gut. Auch fertig-
gekochte Menüs bekommt man hier serviert, wie in Indien, zurechtge-
machte Brötchen und vor allem das schöneste Obst. Es dauert so ca. immer
3/4 Stunde, bis ich das Postamt erreiche und diesen Weg muss ich dann
nochmals zurück. In der Hitze bin ich dann immer reif für den Swimming
pool. Auf dem Postamt ,erwarten mich nochmals 3 Briefe und zwar ein-
sortiert unter Manfred. Zum Glück hatte ich heute auch Manfreds Pass mit.
Wir freuen uns sehr, doch muss jetzt mit Manfred etwas geschehen, eine
Besserung ist bei ihn nicht abzusehen. Nachdem ich zuerst beim Roten
Kreuz war, dort aber nichts erreichen konnte, meldete uns Herr Pfaff
von der Protestantischen Jugendfürsorge für den nächsten Morgen bei dem deutschen Dr. Heydlauf.
im Krankenhaus an. Er is hier als Entwicklungsarzt im protestantische
Krankenhaus von Duala. Nach langen Untersuchungen und noch länge-
rem Warten hatten wir schließlich die Diagnose: Gelbsucht. Das sah
bös aus und besiegelte gleichzeitig unsere weiteren Reisepläne. Die
endgültigen Ergebnisse erhielten wir erst abends vom Central-Labor, hier
war eine Spezial-Untersuchung nötig, die in dem einfachen Krankenhaus
nicht war. Aber auch die bestätigten den Befund Dr. Helvdlaufs.
68000 -- Fc„, mußten wir im Labor hlnblättern, zuvor wolIte man
139.000,-- Fc. von uns haben. Für uns ein Vermögen.
Manfreds Heimfahrt wurde sehr schnell
beschlossen, da wir noch unsere beiden Freunde Wuffi und Willi in Er-
innerung hatten, die sich Hepatitis in Indien zugezogen hatten. Wir
wollten auf keinen Fall ein Risiko eingehen. Ausserdem hat Duala das
ungesündeste Klima was man sich für diese Krankheit ner denken kann. Manfred ging es auch inzwischen so mieß, dass er nur noch den Wunsch
hatte, nach Hause zu kommen.
9.12. Am nächsten Morgen holte ich mir noch eine Vorbeugungsspritze gegen
Hepatitis, die höchstwahrscheinlich mehr psychische Wirkung hatte,
als alles andere. 1 Mio Einheiten sollten die Ansteckungsgefahr hemmen
aber wenn ich mich schon infiziert hätte, hätte ich die Gelbsucht be-
stimmt auch trotz der Spritze bekommen. 89.000,-- Fc wechselten wieder
den Besitzer. Wenn das so weitergeht, kann ich mich bald neben die
schwarzen Bettler setzen. und meine Hand hinhalten. Nun rannte ich
von einer Fluggesellschaft zur anderen, um einen Heimflug für Manfred
zu bekommen, doch so kurz vor Weihnachten sah es ziemlich aussichts-
los aus. Endlich hatte ich bei der Sabena Glück, und zurück, zum Wagen
konnte ich Manfred bereits sein Ticket präsentieren. Freitag früh,
den 20.12.1974, 9.05, sollte er starten. Nun hatten wir noch für die-
sen Tag noch eine Menge zu tun. Manfred musste europäisch gekleidet
werden, in Deutschland herrschte der tiefste Winter. Ein Tele-
fongespräch wurde nach Deutschland angemeldet und seine Lage und
seine Ankunft mitgeteilt. Wir entschieden, so viel wie möglich, von
den Sachen zu verkaufen zu versuchen, da die Reise, die eirmal
Jahre dauern sollte, hier als beendet anzusehen war. Zaire, das
größte Stück Wagnis auf der ganzen Reise, würden wir nun überhaupt
nicht zu sehen bekommen, mir war das alles noch gar nicht so recht be-
wußt. Auch die ungewisse Zukunft, vor der ich stand„ allein mit einem.
Wagen, den ich nicht fahren konnte. Als wir so mitten beim Packen
und sortieren waren, hält neben uns ein Wagen und 2 Freunde steigen
aus, denen wir zuvor in Tammanraset und danach nochmals in Lome begeg.
net sind. Volker und Lorchi. Es gab eine freudige Begrüßung soweit es Manfreds Zustand zuließ,
machten wir aus dem letzten Abend das geniütlichste, was zu machen war.
Es wurde wieder einmal viel Bier getrunken.
2o.12.1974 Am nächsten- Morgen brachten uns die Beiden zum Flughafen. Ein
wüstes Durcheinander erwartete ins dort und Manfred lief nur souverän
mit Sonnenbrille durch die Gegend, da seine Augen bereits die Farbe
einer Quitte angenommen hatten, Es konnte nicht mehr allzu lange dauern
und er würde sich in einen handfesten Chinesen verwandeln und dann
war sein Rücktransport nicht mehr garantiert, da Ansteckungsgefahr be-
stand.
Wir fotografierten nochmals die letzten Minuten von Manfred auf
afrikanischem Boden und mit einem Mal war ein grosses Handgemenge
im Gange, denn das Fotografieren war nicht erlaubt auf dem Flughafen-
gelände. Man nahm ihm den Apparat ab, was er sich natürlich nicht ge-
fallen lassen wollte und obwohl sehr muksch in den letzten Tagen,
erwachte hier sein alter Kampfgeist und ich sah schon das Flugzeug
ohne ihn Abfliegen. Denn mit der polizeilichen Truppe
in Kamerun ist nicht zu spassen und Afrika ist nicht Indien, wo
wir in jeden Fall immer recht behielten. Nachdem sich auch, Lorchi und
Volker eingeschaltet hatten, wurden alle zum Kommandanten geführt und
das Gerät wurde amtlich beschlagnahmt. Nicht zu beschreiben war das
Verhalten von Manfred, wie er tobte und schnaubte. Ich war bislang
noch nicht auf dem Plan und so versuchten Lorchi und Volker ihn zu
beschwichtigen, Währenddessen ging ich zu den Polizisten und erklärte
das Gerät würde mir gehören. Ich hatte es nur verborgt und im übrigen
kenne ich diesen Herrn dort gar nicht. Nach vielem Hin und Her wurde
mir geglaubt oder nicht, auf jeden Fall erhielt ich die Kamera zurück
mit Film, was für uns das Wichtigste war, den wir trauerten immer noch
um den gestohlenen nach und dann war es auch bereits soweit, dass sich
Manfred hinter die Sperre begeben musste. Von der Plattform konnten
wir nur noch ein letztes Mal winken und hier schoß Lorchi trotz
Tebakel nochmals ein paar Aufnahmen von der startenden Maschine.
Es war sehr, gut, dass ich die Freunde dabei hatte, denn sonst wäre
bestimmt der grosse Katzenjammer über mich gekommen, wenn ich so
allein zurückgelassen nun mich wiederfand. Da Lorchi sich in Ghana
und Togo bei eeiner "Brautschau" infiziert hatte, was man hier von
vornherein garantieren kann, fuhren wir zusammen nochmals zum Kran-
kenhaus zu Dr. Heydlauf, um auch ihn zu behandeln. Erst nachmittags
gegen 4 Uhr waren mir wieder in. Seemannsheim und erholten uns von
der Anstrengung des Tages. Lorchi war sowieso etwas lediert. Ge-
gen Abend kam Herr Pfaff zu Besuch und erzälte von einem geplanten
Ausflug auf den Mt. Cameroun für die nächsten 3 Tage.
Volker und ich entschlossen uns zum Mitmachen. Ausser Frau Pfaff
war ich die einzige Frau, die den Aufstieg wagte. 4070 m
Höhe waren kein Pappenstiel, doch meinte ich, die Schweiz hätte
mich etwas trainiert und so schlimm würde es schon nicht werden. Von
Lorchi erhielt ich einen zünftigen Rucksack mit Gestell. Für 3 Tage
mussten Sachen, Essen und vor allem Wasser mitgenommen werden. Pro
Person 5 Liter'. Auch das traute ich mir noch zu. Angetan mit Man-
freds Schuhen, seinen Socken und verschiedenen Sommer-und Winter-
sachen, begann die Fahrt um 8 Uhr morgens mit dem Auto nach Buea,
wo noch der deutsche Einlachlag voll zu spüren ist. Inmitten von
Palmen ein kleines Schlößchen, weiß getüncht mit einer blau-
er Kuppel. Deutscher geht es nimmer. Wir bekommen einen Führer, ohne
Fahrer darf keiner auf den Berg, da es zu gefährtlich ist und Familie
Pfaff nimmt sich auch einen Träger. 1000 Pc kostet der Ausflug
für uns und 3000 Pc muss man für den Träger zahlen. Das ist mir zu
teuer. Auf dem Markt wird noch tüchtig Obst eingekauft, ich nicht,
den alles was jetzt hinzu kommt, muss ich allein tragen und los
geht es auf Schusters Rappen. Wir, sind eine Manschaft von 9
Leuten, 4 Deutschen, 2 Franzosen, 1 Schweizer, 2 Kamerounalsen (Kame-
runer). Führer und Träger sind Einheimische. Der Aufstieg beginnt.
Zuerst recht leicht, es geht zügig voran, die Landschaft ist
steppenähnlich. Wir durchwandern sehr hohes Gras mit flachem Ge-
strüpp und unversehens nach ca. 1 - 1 1/2 Stunden tut sich vor uns
der tiefste feuchte Urwald auf. Grosse Elefantenbäume mit Wurzeln
bis auf die Erde, viele Vögel zwitschern und surren durch die Ge-
gend. Der Wald ist so dicht, dass wir kaum Himmel erkennen können.
Es ist alles in ein Halbdunkel getaucht. Affen schreien von allen
Seiten und hier und da plätschert eine Quelle oder ein Bach
quert unseren Weg. Weg kann man nicht mehr sagen, den es ist nunmehr
ein steigen, stolpern, vorwärtstasten. Fürr mich eine Strapaze
ohnegleichen und darn mit dem vollen schweren Rucksack. Trinkwasser
haben wir noch nicht geladen, da es noch eine Quelle gibt, bei der
Rast gemacht wird. Hier sollen alle Trinkwasserbehälter aufgefüllt
werden. Mir ist es schon jetzt zu viel. Wäre ich doch blos zu Hause
geblieben, aber nun gibt es kein zurück mehr. Ich beiße die Zähne
zusammen und schleppe mich vorwärts. Die Hitze und Feuchtig—
keit machen mir immer mehr zu schaffen, und mein Rucksack zieht
mich immer mehr hinten hinunter. Als es bald nicht mehr weitergeht
nimmt mir Herr Pfaff den Rucksack ab und trägt ihn für mich. Ich
soll mich etwas ausruhen. Er trägt ihn bis zur Zwischenstation, zum
Blockhaus, wo es Stroh auf dem Fußboden gibt und man sich der Länge
nach ausruhen kann. Eine Quelle mit eiskaltem Wässer ist hier
schöner als das beste Bier und ungeachtet aller bisherige
Vorsichtsmaßnahmen mit Abkochen und dgl. beugen wir uns alle über
und lassen uns das Wasser einfach über das Gesicht laufen bis
wir uns vollends aufgetankt hatten.
Zurück zur Hütte und die 1 . Mahlzeit wird eingenommen. Dann
ca. 1 Stund-e geschlafen, fast alle schlafen wir tief und fest.
Allgemeines Wecken und es geht weiter. Endstation für den
heutigen Tag ist die Hütte in 3000 m Höhe; jetzt sind wir ca.
1200 m hoch. Nun werden die Kanister gefüllt und ich weiß nicht,
wie es werden wird, auf jeden Fall glaube ich, jetzt mindestens
einen Zentner auf dem Rücken zu schleppen. Zuerst halte ich auch
noch ganz schön forsch mit, aber schon nach ca. 1/2 Stunde bin ich
am Ende. Der Aufstieg viel steiler als bisher und wir verlassen
auch bald den Wald. Steppe, Savanne, kein Baum, kein Strauch„ weit
und breit, nur Steigung und die unerbittliche Sonne. Ich will zu-
rückgehen und in der 1. Baude auf die Rückkehr morgen auf die
anderen warten, aber damit ist He-rr Pfaff nicht einverstanden.
Mit diesem schweren Gepäck weitergehen kann ich auch nicht. Ich setze
mich einfach hin und bin ganz verzweifelt. Herr Pfaff handelt mit-
dem Führer aus dass er für 1000 Pc meinen
Rucksack bis zur 2. Hütte trägt. Nun bin ich unbeladen und es geht
wieder weiter. Ich halte gut mit den anderen mit, aber je dünner die
Luft wird, desto mehr macht es mir zu schaffen. Als wir so ca.
2700 erreicht haben, ist meine Fortbewegung nur noch in 2 Minuten
steigen und 5 Minuten sitzen. Anders geht es nicht mehr. Ich bin
nur froh, dass ich nicht die Letzte bin, aber so anstrengend hatte
ich mir das alles nicht vorgestellt. Endlich, so gegen 18:00 Uhr, kurz
vor dem Dunkelwerden erreichen wir die Hütte.
Wir hatten alle reichlich Hunger und so wurden
die Kochgeschirre ausgepackt, Tee gekocht, Suppe und Spaghetti ge
gessen und unendlich viel getrunken. Hier oben war es bereits
empfindlich kalt, überhaupt, als die Sonne nicht mehr war. Ein
rascheln ließ uns. alle aufhorchen. Ratten. Herr Pfaff hatte sein
Gewehr mit, weil er hier oben schießen wollte, aber ausser Affen
und der einen Ratte, die er aufs Korn nahm und getroffen hat,
kam ihm nichts vor die Flinte. Nächsten Morgen um 5 Uhr sollte
das letzte Stück des Berges bezwungen werden. Die Sachen sollten
hier unten beim Träger bleiben, damit alle unbeschwert gehen
konnten, aber ich wußte schon heute, dass ich das nicht mitmachen
würde. 3000 m auf diesem wunderschönen, nie zuvor gesehenen, aber
doch so für mich mörderischen Berg waren mir genug.
Ich ließ alle am nächsten Morgen die Besteigung machen, schlief
mich schön aus, aß ausgiebig Frühstück:und bereitete alles für
Volker vor, denn auch er war mit hinaufgestiegen. Dann packte ich
meine Sachen zusammen und als die 1. wieder zurückkamen, dass waren
wie immer die beiden Franzosen und der Schweizer, schloß ich mich
ihnen an und begann den Abstieg. Nun wollte ich aber meinen
Rucksack bergab selbst tragen, was ich auch tat. Da der Abstieg
ziemlich steil war, spürte ich bald keine Muskeln mehr in den Bei-
nen und stolperte des öfteren oder fiel den Schotter entlang, der
keine bremsende Wirkung hat. Durch das mannshohe Gras
wußte man oft nicht, wo mar hintrat und mußte oft erst abtasten, wo
man den Fuß hinsetzte, um nicht abzustürzen. Fiel man erst einmal,
überschlug man sich meistens und hatte blutige Kratz- und Schürfwunden,
vermischt mit Dreck. So ging es etappenweise weiter und endlich, nach mehreren Stunden
sengender Sonnenstrahlung endlich vor uns das Grün des Urwaldes.
Aber noch war die Hütte weit. Nach einer ausgiebigen Stärkung beweg-
te ich mich nach anfänglichen anderen Versuchen bei sehr hohen
Steigungen oder Abfüllen nur noch in der Form weiter, dass ich mich
hinsetzte, die Beide nachzog und etwas tiefer wieder abstellte. Da
dabei auch das Gewicht des Rucksackes entfiel, es wurde beim Setzen
ebenfalls aufgesetzt, war es eine feine Sache. Meine Beine spürte
ich bereits nicht mehr und ich konnte auch nur noch durchgedrückt
stehen. Einmal muss ich nicht auf meine Umgebung geachtet haben und
nur den steilen Abstieg anvisiert haben, so dass ich eine Ameisen-
strasse übersah. Ich muss mich voll hineingesetzt haben, denn als
mich die ersten Viecher bissen, war ich schon über und über, d. h.
durch die Hosenbeide krabbelten sie alle an meinem Körper hinauf,
von Ihnen übersät, Es war eine zimlich grosse hellbraune Rasse
und ihre Bisse taten sehr weh. Eine Schlange hätte mich auch nicht mehr erschrecken können.
So schnell hatte ich noch nie meine schweren Rucksack abgetan, wie hier und fing an, mich von den Biester
zu befreien. Es dauerte mindestens 1/2 Stunde, bis ich die letzte
vernichtet hatte. Noch ganz unter dem Schock trabte ich nun den anderen hinterher.ume.
Das war zuviel für heute. Endlich an der Hütte angekommen, konnte ich mich nur noch zur Wasser-
stelle schleppen und volllaufen lassen. An. Ort und Stelle schlief ich sofort ein.
Nur eine verhältnismässig kurze Pause wurde uns hier gegönnt,
denn heute sollte es noch nach Hause gehen. Bei dem angesetzten
Tempo war die Tour in 2 Tagen, statt in 3 Tagen ge-
schafft worden. Wie ich die letzten 500 - 600 m geschafft habe,
weiß ich nicht mehr, es war wohl der Wille, endlich ausruhen zu
können, denn mit letzter Kraft kamen wir zum Gefängnis von Buea,
wo eine riesige Farm mit friesischen Kühen betrieben wurde. Eis-
gekühlte Milch wurde uns, serviert, was an diesem Tag
die absolute Krönung, eines abgerundeten Schlemmprmahls darstellte.
Nach längerer Pause, physisch und Psychisch gestärkt, machten dann noch den Markt
von Buea unsicher und kauften Palmenwein. und Himbeeren. Wenn
man die hiesigen Vorstellungen von Himmbeeren hat, so ist man weit enttäuscht,
denn nur die rote Farbe ist identisch mit unseren einheimischen.
Von der Grösse und dem Geschmack kann man sie mit keinem unserer
Obstsorten vergleichen. Der Palmenwein trinkt sich vorzüglich und
hat einen kleinen Hang zu süßlichem, gegorenem Sauerkrautwasser . Endlich
so gegen 7 Uhr wieder in Seemnrinsheim angekommen, völlig
apathisch und ausgelaugt, die Strapazen noch deutlich im Gesicht
wurden wir von Edi und Mariella, sowie 2 weiteren Wüstenbusinsassen be-
grüsst. Es gab ein grosses Hallo und eine Menge zu erzählen. Lorchl
hatte inzwischen die Bekanntschaft der Familie Hensel gemacht, die
hier in Duala auf die Ankunft ihrer Verwandten aus Deutschland
warteten, sonst aber als Entwicklungshelfer in Kamerouner Busch
tätig sind. Sie überredeten uns, ihrer Einladung zuzustimmen und
sie zum essen zu begleiten. Nach vielem Hin und Her nahmen wir
schließlich an und bekamen an diesem Abend noch einheimische Menüs
Affe, Antilope und Krokodil zu essen. Es war ein phantastischer Ausklang dieses Tages.
23.12. Nun da wieder einige Freunde mehr da waren, Gleichgesinnte, wie
ich sie nannte, verging die Zeit wie im Flug. Edi bastelte wie üblich an seinem Wagen und
kaufte hier in Duala grössere Räder. Der Wagen wurde so viel höher und
er ärgerte sich, dass er nicht bereits vor der Wüsten-
durchquerung auf diese Idee gekommen ist. Viel Ärger hätte er sich
ersparen können. Auch die Windschutzscheibe hatte es ihnen ge-
kostet. Ab Mitte Nigeria fuhren sie mit Plastik. Es gab in .Dual
keinerlei Schwierigkeiten mit irgendwelchen Beschaffungen von Er-
satzteilen, es war alles vorhanden, was gebraucht wurde, auch bei
allen anderen.
Die Mahlzeiten wurden jetzt immer gemeinsam eingenommen. Da
wir unseren Wagen auf der Wiese im Seemannsheim, gleich neben
dem Haus parken dürfen es noch genug Platz für Lorchi und Volkers Wagen, der gleich dahinter stand.
24.12 Am kommenden Tage, den 24,12.1976, war
mein Weihnachtsgeschenk, ein Anruf aus dem Virchow-Krankenhaus aus
Berlin von Manfred, dass er gut angekommen ist und es ihm bereits
wesentlich besser geht. Er liegt in Quarantäne für 4 Wochen.
Ja, eigentlich hatten wir uns dieses Weihnachtsfest etwas anders
vorgestellt. Das Sesmanrnsheim in Dunla sollte es wohl seine aber
nicht unter diesen Umständen und darn noch ich alleine hier. Abends
benutzten wir eine Ananas als Kerzenhalter- und als Ersatzweihnachtsbaum,
Es wurde ein festliches Menü zusammengestellt aus Suppen, Eiern
verschiedenen Gemüsesorten und Fleisch. Danach gab es Pudding und ich spen-
dierte unseren letzten Kuchen aus der Dose mit ,elgiums Schlagfit.
Dazu schönen Kaffee und keiner hatte auch nur die geringste Heimwehstimmung.
25.12. 1974 Am 1. Feiertag wollten wir alle wieder Affe essen gehen,
aber leider fanden wir das Restauran nicht mehr. So wurde eine Büchse nach altbewährtem
und wochenlang erprobtem Rezepet geöffnet, anschliessend ließen wir uns wieder einmal mit Bier
und Fanta vollaufen. Zur Krönung des Tages gab es wieder einen
Film, so vergingen die Tage. Bis zum 30.12. waren Edi und
Mariella hier, die anderen hatten mich bereits vorher, so nach und
nach verlassen. Nun war ich wleder ganz allein und ein richtiger Katzenjammer
überkam mich. Immer noch war kein Schiff in Sicht, was
auf eine polnische oder, ostdeutsche Nationalität schliessen ließ,
nur ein solches konnte mich wieder mit dem "Max" nach Hause
bringen. Nach vielem Hin- und Herfragen und endlosen Kosten-
aufstellungen bei verschiedenen Reedereien und Speditionen, war es mir klar, dass
ich auf regulärem Weg niemals die Heimat erreichen könnte, denn
so viel Geld besass ich nicht mehr. Für mich und den. Wagen würde
eine Passage ca. DM 5000,-- kosten, was sich auf keinen Fall er-
möglichen ließ. Jeden Tag fragte ich Herrn Kühl nach der neuen
Liste, die Schiffe im Monat Januar 1975 avisierte, aber diese
ließ lange auf sich warten und als sie endlich kam, war kein dcr
Schiff für mich dabei. Zwar war in dieser Zeit ein
deutsches Schiff im Hafen, was mich ohne weiteres mitnellmen wollte,
aber es fuhr nur Marseille an und kehrte von dort zurück nach West-Afrika. |
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